Die ältere Metaphysik ist dogmatisch (s. d.); der Skeptizismus (s. d.), in neuerer Zeit besonders HUME, und der Kritizismus (s. d.) KANTS (s. unten) bestreiten ihre Ansprüche und Gültigkeit, sie erhebt sich dann (SCHELLING, HEGEL u. a.) zu neuem Dogmatismus, um mm zur kritischen, sich ihrer Grenzen wohlbewußten, erkenntnistheoretisch fundierten Metaphysik zu werden. Der Positivismus (s. d.) negiert alle Metaphysik. Das Wort »Metaphysik« entstand aus der Stellung der »ersten Philosophie« des ARISTOTELES, meta ta physika, nach der Physik, in der Anordnung der Schriften des Stagiriten durch ANDRONICUS VON RHODUS. Bald erhält der Terminus die Bedeutung einer Wissenschaft vom Übersinnlichen, Überempirischen, Transzendente. HERENNIUS bemerkt: meta ta physika legontai haper physeôs hyperêtai kai hyper aitian kai logon eisin (EUCKEN, Terminl. S. 183).
Bei PLATO ist die Metaphysik, die Lehre vom Seienden, ein Teil der Dialektik (s. d.) Bei ARISTOTELES tritt sie als prôtê philosophia, »erste Philosophie«, auch als theologikê (weil Gott das höchste Prinzip ist) auf, als Wissenschaft vom Seienden als solchem und dessen letzten Gründen (Prinzipien): tou ontos estin ê on (Met. IV 3, 1005 a 24; dei gar tautên prôtôn archôn kai aitiôn einai theôrêtikên (l.c. I 2, 982 b 9). Die Metaphysik handelt peri chôrista kai akinêta (l.c. VI, 1026 a 16). Die allen Dingen gemeinsamen Prinzipien (c. d.) werden hier untersucht.
Die antike und mittelalterliche, auch ein Teil der neueren Metaphysik ist ontologistisch (s. d.), erhebt Denkgebilde zu realen Wesenheiten oder schließt aus jenen auf diese. - Von der »metaphysica« bemerkt ALBERTUS MAGNUS: »Ista scientia transphysica vocatur« (vgl. HAUBÉAU II l, p. 123). Nach THOMAS handelt die Metaphysik »de ente sire de substantia« (l. Anal. 41b), »de ente in communi et de ente primo, quod est a materia separatum« (l gener. prooem.). Die Metaphysik ist »transphysica« (l met., pr.). »Fere totius philosophiae consideratio ad Dei cognitionem ordinatur. Propter quod metaphysica, quae circa divina versatur, inter philosophiae partes ultima remanet addiscenda« (Contr. gent. I, 4). Nach SUAREZ hat die Metaphysik ihren Namen daher, »quoniam de primis rerum causis et supremis ac difficillimis rebus et quodammodo de universis entibus disputat« (Met. disp. I, 1). - MICRAELIUS erklärt: »Metaphysica, quasi scientia post vel supra physicam, ea considerat quae sunt supra corpora naturalia.« »Metaphysicae obiectum est ens, quatenus ens est. Unde etiam vocatur aliquibus ontologia.« »Metaphysica dividitur in generalem, qua ens in abstractissima ratione et omnimoda indifferentia consideratur, cum quoad naturam tum quoad affectiones tam coniunctas quam dissolutas: et in specialem, qua ens consideratur in istis speciebus substantiarum, quae ab omni materia sunt absolutae« (Lex. philos. p. 654). Ziemlich Aristotelisch ist u. a. die »prima philosophia« von L. VIVES (1531) - Nach CAMPANELLA enthält die Metaphysik die Voraussetzungen der Wissenschaften und deren Begründung (Univ. philos.).
F. BACON spricht von der »inquisitio formarum, quae sunt (ratione certe, et sua lege) aeternae et immobiles, et constituat metaphysicam« (Nov. Organ. II, 9). Die Metaphysik ist ein Teil der Naturphilosophie und handelt »de forma et fine« (De dignit. III, 1 squ., IV, 1 squ.). Bei DESCARTES ist sie Prinzipienlehre. Nach CLAUBERG ist die Metaphysik Ontologie (s. d.). Nach BAYLE ist Sie »la science spéculative de l'être« (Syst. de philos. p. 149). Bei SPINOZA bildet sie einen Teil der »Ethica«, bei GEULINCX tritt sie als »metaphysica« auf. Skeptisch gegenüber der Metaphysik ist schon LOCKE, während HUME sie ganz verwirft. CHR. WOLF teilt die Metaphysik ein in: Ontologie (s. d.), Kosmologie (s. d.), rationale Psychologie (s. d.), rationale Theologie (s. d.). Nach ihm wie nach BAUMGARTEN (Met. §1) ist sie »scientia prima cognitionis humanae principia continens«. CRUSIUS definiert die Metaphysik als die »Wissenschaft der notwendigen Vernunftwahrheiten, inwiefern sie den zufälligen entgegengesetzt werden« (Vernunftwahrh., Vorr. zur 1. Aufl., § 4). Nach PLATNER untersucht die Metaphysik »nicht was das Wirkliche sei nach der Erfahrung, sondern was das einzig Mögliche und Notwendige sei, nach der reinen Vernunft« (Philos. Aphor. I, § 817). Später: »Die Metaphysik ist, ihrem Zwecke nach, eine Reihe geordneter Untersuchungen über die wirklichen Gründe unserer Vorstellungen von der Welt. Ihrem Inhalte nach ist sie der Inbegriff menschlicher Vernunftideen über diesen Gegenstand« (Log. u. Met. § 335.). Nach FEDER stimmen alle Philosophen darin überein, »daß in der Metaphysik die allgemeinsten Vernunftwahrheiten, die allgemeinsten Gesetze der Natur vorgetragen und mittelst derselben die letzten Gründe der Eigenschaften und Veränderungen der Dinge so viel möglich aufgedeckt werden sollen« (Log. u. Met. p. 219) Die Metaphysik klärt die Grundbegriffe und allgemeinsten Grundsätze des menschlichen Denkens auf (l.c. S. 220). Nach MENDELSSOHN sind die metaphysischen Wahrheiten »zwar derselben Gewißheit, aber nicht derselben Faßlichkeit fähig..., als die geometrischen Wahrheiten« (Abh. üb. d. Evid. S. 11). - CONDILLAC bemerkt: »Il faut distinguer deux sortes de métaphysique. L'une, ambitieuse, veut percer tous les mystères - l'autre, plus retenue, proportionne ses recherches à la faiblesse de l'esprit humain; et aussi peu inquiet de ce, qui doit lui echapper, qu'aride de ce, qu'elle peut saisir, elle fait se contenir dans les bornes, qui lui sont marquées« (Essai sur l'orig. des connsiss. hum., Introd. p. V). Nach D'ALEMBERT ist die (echte) Metaphysik besonders eine Theorie vom Ursprung der Ideen (Mélang. V).