Paralogismus (para, logos): Fehlschluß, auf Denkfehlern beruhend (vgl. ARISTOTELES, De soph. elench. 4). Vgl. Trugschluß. - Paralogismen, transzendentale, nennt KANT Fehlschlüsse, die in der »Dialektik« (s. d.) der Vernunft begründet sind und »Illusionen« mit sich führen (Krit. d. r. Vern. S. 293). Die Paralogismen der rationalen Psychologie bestehen darin, daß unberechtigterweise aus der logischen Einheit des Subjekts, des Ich eine substantielle, einfache, persönliche, unzerstörbare Wesenheit gemacht wird (l. c. S. 294 f.), während in Wahrheit das Ich, das Subjekt des Denkens nur als ein x gedacht wird, welches nur durch seine Prädikate, die Vorstellungen, erkannt wird, und »wovon wir, abgesondert, niemals den mindesten Begriff haben können, um welches wir uns daher in einem beständigen Zirkel herumdrehen« (l. c. S. 296). Der erste der vier Paralogismen ist der Paralogismus der Substantialität der Seele. Es wird geschlossen: »Dasjenige, dessen Vorstellung das absolute Subjekt unserer Urteile ist und daher nicht als Bestimmung eines andern Dinges gebraucht werden kann, ist Substanz. - Ich, als ein denkend Wesen, bin das absolute Subjekt aller meiner möglichen Urteile, und diese Vorstellung von mir selbst kann nicht zum Prädikat irgend eines andern Dinges gebraucht werden. - Also bin ich, als denkend Wesen (Seele), Substanz« (l. c S. 297 f.). Es ist zu erwidern, »daß der erste Vernunftschluß der transzendentalen Psychologie uns nur eine vermeintliche neue Einsicht aufhefte, indem er das beständige logische Subjekt des Denkens für die Erkenntnis des realen Subjekts der Inhärenz ausgibt, von welchem wir nicht die mindeste Kenntnis haben, noch haben können, weil das Bewußtsein das Einzige ist, was alle Vorstellungen zu Gedanken macht, und worin mithin alle unsere Wahrnehmungen, als dem transzendentalen Subjekte, müssen angetroffen werden und wir, außer dieser logischen Bedeutung des Ich, keine Kenntnis von dem Subjekte an sich selbst haben« (l. c. S. 299). Der zweite Parallelismus ist der der Simplicität der Seele. Er lautet: »Dasjenige Ding, dessen Handlung niemals als die Concurrenz vieler handelnden Dinge angesehen werden kann, ist einfach. - Nun ist die Seele, oder das denkende Ich, ein solches: Also etc.« Dies ist »der Achilles aller dialektischen Schlüsse der reinen Seelenlehre«. »Der sogenannte nervus probandi dieses Arguments liegt in dem Satze: daß viele Vorstellungen in der absoluten Einheit des denkenden Subjekts enthalten sein müssen, um einen Gedanken auszumachen. Diesen Satz aber kann niemand aus Begriffen beweisen... Der Satz: ein Gedanke... kann nur die Wirkung der absoluten Einheit des denkenden Wesens sein, kann nicht als analytisch behandelt werden. Denn die Einheit des Gedankens, der aus vielen Vorstellungen besteht, ist collectiv und kann sich, den bloßen Begriffen nach, ebensowohl auf die kollektive Einheit der daran mitwirkenden Substanzen beziehen... als auf die absolute Einheit des Subjekts« (l. c. S. 301). »Ich bin einfach, bedeutet aber nichts mehr, als daß diese Vorstellung nicht die mindeste Mannigfaltigkeit in sich fasse, und daß sie absolute (obzwar bloß logische) Einheit sei.« »Die Einfachheit aber der Vorstellung von einem Subjekt ist darum nicht eine Erkenntnis von der Einfachheit des Subjekts selbst.« »So viel ist gewiß: daß ich mir durch das Ich jederzeit eine absolute, aber logische Einheit des Subjekts (Einfachheit) gedenke, aber nicht, daß ich dadurch die wirkliche Einfachheit meines Subjekts erkenne« (l. c. S. 303). Der dritte Paralogismus ist der der Personalität der Seele: »Was sich der numerischen Identität seiner selbst in verschiedenen Zeiten bewußt ist, ist sofern eine Person: Nun ist die Seele etc. Also ist sie eine Person« (l. c. S. 307). Aber der Satz sagt nichts als »in der ganzen Zeit, darin ich mir meiner bewußt bin, bin ich mir dieser Zeit, als zur Einheit meines Selbst gehörig, bewußt« (l. c. S. 308). »Es ist also die Identität des Bewußtseins meiner selbst in verschiedenen Zeiten nur eine formale Bedingung meiner Gedanken und ihres Zusammenhanges, beweist aber gar nicht die numerische Identität meines Subjekts, in welchem, ohnerachtet der logischen Identität des Ich, doch ein solcher Wechsel vorgegangen sein kann, der es nicht erlaubt, die Identität desselben beizubehalten« (l. c. S. 308 f.). Der vierte Paralogismus ist der der Idealität der Außenwelt (s. Objekt). Bei den psychologischen Paralogismen wird die logische Erörterung des Denkens für eine metaphysische Bestimmung des Objekts gehalten (l. c. S. 688). »Der dialektische Schein in der rationalen Psychologie beruht auf der Verwechselung einer Idee der Vernunft (einer reinen Intelligenz) mit dem in allen Stücken unbestimmten Begriffe eines denkenden Wesens überhaupt« (l. c. S. 699). Vgl. Seele, Substanz.