Nach LEIBNIZ haben wir nicht die Idee eine unendlichen Ganzen oder eines aus Teilen sich zusammensetzenden Unendlichen. Wir können denken, daß etwas keine Grenzen hat, daß es kein letztes endliches Ganzes gibt. daraus folgt aber nicht, daß wir die Vorstellung eines unendlichen Ganzen besitzen. Es gibt keine unendliche gerade Linie, aber jede Grade kann verlängert oder von einer andern größeren übertroffen werden (Gerh. VI, 579 ff.. Theod. I B, § 195. Nouv. Ess. II, ch. 27). Das wahre Unendliche ist nur im Absoluten, welches jeder Zusammensetzung vorausgeht (l. c. ch 27, §1). Einen absoluten Raum als unendliches Ganzes kann man sich aber nicht vorstellen, das ist ein in sich widersprechender Begriff. die unendlichen Ganzheiten und Kleinheiten haben nur in der mathematischen Berechnung Sinn (l. c. § 5). Weil das Stetige (s. d.) ins unendliche teilbar ist, gibt es im kleinsten Teile des Stoffes eine unendliche Menge von Geschöpfen (vgl. Monaden). Raum und Zeit sind ins unendliche teilbar (Erdm. p. 436, 449, 744. Pertz III, 7, 22). Die unendlich kleinen und großen Quantitäten sind Fictionen, aber nützlich und notwendig für die Rechnung (Differentialrechnung. vgl. auch NEWTON's Entdeckung auf diesem Gebiete) (Pertz III, 4, 218). »L'idée de l'absolu est antérieure dans la nature des choses à celles des bornes qu'on ajoute« (Nouv. Ess. II, ch. 14, § 27). Die Ausdehnung der Welt ist unendlich (Gerh. VII, 395 f.). CHR. WOLF bestimmt: »Infinitum in Mathesi dicimus, in quo nulli assignari possunt limites, ultra quos augeri amplius nequeat« (Ontolog. § 796 f.). »Infinitum parvum in Mathesi dicitur, cui nullus assignari potest limes, ultra quem imminui amplius nequit« (l. c. § 802). »Ens infinitum« ist das Wesen, »in quo sunt omnia simul, quae eidem actu inesse possunt« (l. c. § 838). BAUMGARTEN definiert das »ens infinitum« als »ens, quod actu est« (Met. § 359). CRUSIUS erklärt: »Ein Ding, das Schranken hat, heißt endlich. Unendlich aber ist ein Ding, das keine Schranken hat.« Unendlich ist das, »dessen Realität sich nicht weiter, auch nicht einmal in Gedanken, vermehren läßt« (Vernunftwahrh. § 133). Nach H. S. REIMARUS ist eine vollendete Unendlichkeit undenkbar (Nat. Relig.2, 1755, S. 4 ff.). Nach LAMBERT ist das Unendliche unerkennbar (Anl. zur Architekt. II, § 904 ff.). PLATNER betont, »daß der Mensch nicht vermögend ist, sich das Endliche zu denken, wiefern er nicht vermögend ist, etwas zu denken, was von nichts begrenzt. daß der Begriff vom Endlichen nichts anderes ist als der Begriff von Teilen und Absätzen einer unendlichen Stetigkeit. daß der Mensch fähiger und geneigter ist, sich die Fülle des göttlichen Verstandes, den Umfang der Zeit und der Ausdehnung unendlich zu denken als endlich. daß jedoch der Begriff des Menschen vom Unendlichen nichts anderes ist als der Begriff einer unerschöpflich vermehrbaren Größe« (Philos. Aphor. I, § 1209). »Das Unvermögen des menschlichen Verstandes, sich den Anfang der mit und die Schranken der Ausdehnung zu denken, ist gegründet in der Denkart der Phantasie, welche selbst das Nichts unter einem Bilde vorstellt, und folglich das Nichts, welches außer dem All der Zeit und der Ausdehnung ist, in ein etwas verwandelt« (l. c. § 1210). »Jedoch ist jener Begriff des Unendlichen, in welchem nichts gedacht wird als die unerschöpfliche Vermehrbarkeit einer Größe, der Begriff des mathematisch Unendlichen, nicht des metaphysischen« (l. c. § 1211). »Für die metaphysische Unendlichkeit des höchsten Wesens hat der menschliche Verstand keine Idee, als nur die auf Grundbegriffen beruhende Einsicht der reinen Vernunft, daß seinem Wesen und seinen Vollkommenheiten die Größe schlechterdings widerspreche« (l. c. § 1212). - Nach VOLTAIRE gibt es keine positive Idee des Unendlichen (Philos. ignor. p. 120 f.. vgl. Dict. philos., art. Infini). Der Raum ist unendlich, die Materie nicht (Élém. de la philos. de Newton ch. 2). Es gibt Atome (Dict. philos., art. Atomes). Vgl. D'ALEMBERT, Mél. V, § 14 f.. FONTNELLE, Élém. de la géom. de l'infini 1827, Préf. (Cohn, Gesch. d. Unendl. S. 225, 227).