Nach GIOBERTI ist Gott die aktuale Unendlichkeit. die kosmische Unendlichkeit existiert nur durch ihn (Protolog. II, 568 ff.). Nach CHALYBAEUS ist die Materie das räumlich-zeitlich Unendliche (Syst. d. Wissenschaftslehre, S. 106, 113). - Nach HERBART ist die Unendlichkeit »ein Prädikat für Gedankendinge, mit deren Konstruktion wir niemals fertig werden«. Das Reale (s. d.) der Materie kann nicht unendlich sein (Lehrb. zur Einl.5, S. 179 ff., 181). Der Begriff des Unendlichen entspringt aus der Erkenntnis der Gleichartigkeit des Fortschritts in der Reihenbildung (s. d.) von Raum, Zeit, Zahl (vgl. G. SCHILLING, Lehrb. d. Psychol. S. 153 f.). Ähnlich lehrt WAITZ. Der Raum ist unendlich nur durch den unvollendbaren Versuch, ihn »trotz seiner notwendigen Unbestimmtheit und Gestaltlosigkeit zu umfassen und in Grenzen einzuschließen« (Lehrb. d. Psychol. S. 611 f.). Nach VOLKMANN schließt die unendliche Zeitreihe das Bewußtsein »des fruchtlos erneuerten Messens in sich ein« (Lehrb. d. Psychol. II4, 29). »An die Umbildung der Raumreihe von der Bestimmtheit des Inhalts zur Leerheit schließt sich auch die Befreiung derselben von der Endlichkeit der Abgrenzung an Haben nämlich die leeren Raumreihen den gehörigen Grad von Regsamkeit angenommen, dann dient fast jede Setzung eines Endgliedes nur zum Anknüpfungspunkt für die Evolution einer neuen Reihe, jede Grenze nur zur Aufforderung zum Weitergehen, jedes Hier nur zur Anregung der Frage: ›Was daneben?‹ Von seiner positiven Seite aus kann der unendliche Raum natürlich ebensowenig vorgestellt werden, wie die unendliche Zeit, aber der negativen Bedeutung nach bleibt das Vorstellen des unendlichen Raumes hinter dem der unendlichen Zeit zurück. Der Grund hiervon ist leicht einzusehen. die unendliche Raumreihe muß nämlich dem unendlichen Progressus noch den unendlichen Regressus beifügen. der Wendepunkt jedoch, der von dem einen zu dem andern führt, zerstört in der Regel den Eindruck des Grenzenlosen, wozu noch kommt, daß die Raumunendlichkeit eine Konstruktion nach drei Dimensionen in Anspruch nimmt. Daher geschieht es, daß wir, um den Raum unendlich vorzustellen, gern auf das Vorstellen der unendlichen Zeit zurückgreifen, indem wir uns die unendliche Raumreihe eigentlich nur durch eine unbegrenzte Operation mit begrenzten Raumreihen vorstellen. Uns gilt auf diese Weise jener Raum als unendlich, den auszumessen nur die unendliche Zeitlänge auslangen würde« (l. c. S. 91 f.). - Nach TRENDELENBURG ist das Unendliche nichts anderes als die über ihr jeweiliges Produkt hinausgehende Bewegung (Log. I2, 167). CZOLBE erklärt: »Wenn freilich die Vorstellung des Raumes unmittelbar immer begrenzt ist (wie alle Vorstellungen), so habe ich daneben doch das Bewußtsein, immer noch weiter gehen zu können... Der Raum ist neben den sinnlichen Wahrnehmungen und Körpern durchaus selbständig etwas drittes Unendliches oder Unbegrenztes« (Gr. u. Urspr. d. menschl. Erk. S. 96). - Nach J. H. FICHTE bedeutet Endlichsein, »den Grund seiner Existenz in einem Andern haben, nur durch Anderes sein« (Spekul. Theol. S. 61 ff.). »Wer sich... als ein Endliches fühlt und begreift, kann diesen Urteilsakt nur dadurch vollziehen, daß er sich an dem ursprünglich ihm beiwohnenden Begriffe (›Idee‹) des Unendlichen negiert« (Psychol. I, 722). Ähnlich lehrt ULRICI (Gott u. d. Nat. S. 623). Eine realiter unendliche Größe ist eine contradictio in adiecto (l. c. S. 446). Das Universum kann nicht begrenzt sein, weil es nichts außer ihm geben kann, das nicht zu ihm gehörte, aber es kann auch nicht als grenzenlos gedacht werden, weil das Ganze der Welt, als aus lauter begrenzten Teilen bestehend, selbst ein Begrenztes sein muß und weil die Unendlichkeit Gottes nur ein Grenzbegriff ist (l. c. S. 619 f.). Das Endliche (die Welt) ist ein durch das Unendliche (Gott) Gesetztes (l. c. S. 655 ff.). Das Universum ist zugleich begrenzt und unbegrenzt (l. c. S. 661). M. CARRIERE bemerkt: »Das Endliche ist das in Raum und Zeit Begrenzte. Wir aber können es nur dadurch als endlich bezeichnen, daß wir es auf den Begriff des Unendlichen bestehen und es von dem unterscheiden. Damit bestimmt sich das Unendliche als das, was nichts außer ihm hat, kein Vor oder Nach, kein Neben, und daraus ergibt sich, daß die Einheit innerhalb welcher alles Unterschiedliche besteht, das Unendliche selbst ist« (Sittl. Weltordn. S. 131). Nach M. MÜLLER ist der Keim zur Idee des Unendlichen schon in den frühesten sinnlichen Eindrücken eingeschlossen (Urspr. u. Entwickl. d. Relig. S. 36). »Dem Menschen muß alles, von dem seine Sinne kein Ende sehen und keine Grenzen bestimmen können, als im vollen Sinne des Wortes endlos und grenzenlos erscheinen.« Der Mensch empfindet den »Druck des Unendlichen« (l. c. S. 41). Jede Wahrnehmung des Endlichen ist von der Fühlung des Unendlichen begleitet (l. c. S. 50). Das Unendliche ist keine bloße Idee, sondern ein Wahrnehmbares (l. c. S. 52).