HEBBEL bemerkt: »Die sogenannte Freiheit des Menschen läuft darauf hinaus, daß er seine Abhängigkeit von den allgemeinen Gesetzen nicht kennt« (Tageb. II, 358). »Der Mensch hat seinen Willen - d.h. er kann einwilligen ins Notwendige«(l. c. I, 268). L. FEUERBACH erklärt: »Frei ist jedes Wesen da, wo a sich in Übereinstimmung mit seinem Wesen befindet und handelt« (WW. X, 76). Unter gegebenen Bedingungen (zu denen auch der Charakter gehört) kann ich nur so handeln, wie ich mich entschlossen und gehandelt habe (l. c. I, 78 ff., 84). Der Glaube an das Gegenteil hiervon beruht auf der Identifizierung des durch Erfahrung belehrten Ich mit dem Ich vor dem Handeln (l. c. S. 91). Nach CZOLBE bestimmt in der Regel der (teils angeborene, teils anerzogene) Charakter das Handeln des Menschen. Die Selbstbestimmung der Seele ist allmählich entstanden. Freiheit ist »Kausalität in uns«, »Unabhängigkeit des uns mit Notwendigkeit angeborenen und anerzogenen Innern (des Charakters, des Willens) von der Herrschaft oder dem Zwange äußerer Einflüsse« (Grenz. u. Urspr. d. menschl. Erk. S. 30 ff.). Im ethischen Sinne faßt die Freiheit TRENDELENBURG auf (vgl. Naturrecht, S. 6t). Nach ULRICI ist die Freiheit ein Vermögen der Selbständigkeit mit Bewußtsein (Gott u. d. Nat. S. 567 ff.). Die Motive zwingen uns nicht, regen nur unsere Selbsttätigkeit an (l. c. 574) oder resultieren aus ihr (ib.). Die Freiheit ist »die für das Bewußtsein vorhandene, Möglichkeit des Anderswollens und Andershandelns« (l. c. S. 579). Sie ist »die Äußerung des der Seele angeborenen Triebes, ihr Selbst als solches zu erhalten, zu behaupten und (gegenüber allen äußern wie innern Einflüssen) geltend zu machen« (l. c. S. 588). Sie ist Grund und Folge der Individualität (l. c. S. 598. vgl. Grdz. d. prakt. Philos. I, 1873, S. 42 ff.). M. CARRIERE erklärt: »Freiheit ist Selbstbestimmung und Selbstentwicklung der eigenen Natur« (Ästh. I, 37). »Des Geistes innere Zwecksetzung ist unbedingt frei, die äußere Verwirklichung ist an den Weltzustand gebunden« (l. c. S. 38 ff.). Das Freiheitsbewußtsein ist keine Illusion (Sittl. Weltordn. S. 177 ff.). Die Freiheit ist kein ruhender Zustand, sondern »fortwährende Befreiungstat« (l. c. S. 178). »Freiheit ist nicht Gesetzlosigkeit, vielmehr selbstgewollte Erfüllung der eigenen Gesetze« (ib.). »Der Wille ist frei im Entschlusse, in der Ausführung aber an die Naturkräfte und Naturgesetze gebunden« (l. c. S. 189). Die vollbrachte Tat ist notwendig, bedingt durch den Täter und den Naturmechanismus (l. c. S. 190). Der vom Verstande erleuchtete Wille wählt das Vernünftige (l. c. S. 201 ff.). Eine sittliche Freiheit, Selbstbestimmung, Selbstbehauptung lehrt PLANCK (Testam. ein. Deutsch. S. 327 ff.). Zum Indeterminismus neigt mehr J. B. MEYER (Philos. Zeitfrag. 1874).
Nach FECHNER ist im Handeln immer ein Motiv von Wirkung, im Kampfe der Motive siegt schließlich eines (Tagesans. S. 170 ff.. vgl. Zend-Av. II, 117 ff.). »Aller Erste in der Welt, alles, was sich nicht von Umständen, die auch sonst und anderwärts vorkommen, abhängig machen läßt, sei's im uns Bewußten oder Unbewußten, ist... als ein frei Entstandenes anzusehen, und sofern die Welt im ganzen wie in individuellen Gebieten fort und fort neues, von gewisser Seite mit allem früheren Unvergleichbares entwickelt, geht auch ein Prinzip freien Schaltens durch die Welt im Ganzen, wie in uns selbst und unser Bewußtsein und Handeln hinein. wir selbst sind Helfer an des Ganzen freiem Schalten« (Zend-Av. I, 213). - Den psychologischen Determinismus vertritt ferner STEINTHAL (Zeitschr. f. Völkerpsychol. VIII, 257). Auch G. H. SCHNEIDER. Jeder Entschluß ist bedingt durch den Charakter, Erfahrungen u.s.w. (Der menschl. Wille S. 327 f.). Die relative Freiheit beruht auf der »Fähigkeit, die einzelnen Triebe stets einem allgemeinen Zwecke unterordnen zu können« (l. c. S. 335). »In der zweckmäßigeren allseitigeren Bewußtseinskonzentration, bei welcher alle Umstände in Zweckmäßiger Weise berücksichtigt werden, und welche den Menschen befähigt, in jedem Momente zweckentsprechend handeln und sich den Umständen anpassen zu können, liegt die relative psychologische Freiheit des menschlichen Willens« (ib.). FOREL erklärt die Willensfreiheit durch »die plastische adäquate, d.h. jedem einzelnen Umstand entsprechende Anpassungsfähigkeit« (Üb. d. Zurechnungsfäh. d. norm. Mensch.4, S. 13). - E. DÜHRING meint: »In einem gewissen Sinn ist jedes Wesen, ja jedes Ding, soweit es ein Typus oder Schema von Zustandsabfolgen ist, auch als Grund der Beschaffenheit seiner selbst zu betrachten« (Wirklichkeitsphilos. S. 374). Im Menschen ist die »gedankliche Initiative« das Höchste (l. c. S. 375). Der Gedanke bleibt immer eine freie Macht allem gegenüber, was seiner Herrschaft im Organismus unterworfen ist (l. c. S. 379 ff.). - Nach E. v. HARTMANN ist metaphysische Freiheit »innere Zufälligkeit, bei der die Entscheidung (arbitrium) aus dem Vermögen selbst, und zwar ohne den concursus irgend welcher äußeren contingentia, entspricht«. Sie ist aber nur im Absoluten zu finden (Kategor. S. 358 f.). Nur Gott ist absolut frei, der Mensch nur indirekt, als Modus des Absoluten (Relig. d. Geist. S. 225 ff.). Empirisch ist Freiheit Unabhängigkeit von äußerem oder innerem Zwang, aber nicht Unmotiviertheit (Phänomenol. d. sittl. Bewußts. S. 402 ff.. vgl. S. 450 ff.). Im Wollen erhebt sich die Spontaneität zum Bewußtsein der Freiheit. Diese ist aber nur Wohlfreiheit zwischen den Begehrungen, Kraft der Selbstbehauptung (Mod. Psychol. S. 194). Als Wahlfreiheit, Autonomie faßt die Willensfreiheit auch HORWICZ auf (Psychol. Anal. II, 181 ff.).