KANT definiert: »Wesen ist das erste innere Prinzipalles dessen, was zur Möglichkeit eines Dinges gehört« (Met. Anf. d. Naturwiss. Vorr., S. III). Wesentlich sind die konstanten Merkmale einer Sache (Log. S. 89). »Der Inbegriff aller wesentlichen Stücke eines Dinges oder die Hinlänglichkeit der Merkmale desselben der Koordination oder der Subordination nach ist das Wesen« (l. c. S. 90). Es kann nur für uns vom logischen Wesen die Rede sein. dieses ist »der erste Grundbegriff aller notwendigen Merkmale eines Dinges« (l. c. S. 91. vgl. Üb. eine Entdeck. 2. Abschn., S. 52 f.). Nach KIESEWETTER ist Wesen »dasjenige, was notwendig zur Vorstellung eines Dinges... gehört« (Gr. d. Log. ad § 58). FRIES erklärt: »Alle Merkmale zusammen, welche den Inhalt eines Begriffes ausmachen, nennt man auch das logische Wesen dieses Begriffes« (Syst. d. Log. S. 122).
BACHMANN bestimmt: »Das Wesen... eines Dinges nennen wir den Inbegriff der beharrlichen Eigenschaften in ihm, durch welches es eben so und nicht anders bestimmt worden. Man kann sie nicht wegdenken, ohne die innere Natur desselben aufzuheben« (Syst. d. Log. S. 104).
Nach BOUTERWEK ist daß Wesen »dasjenige im Dasein, kraft dessen etwas, das wahrhaft ist, auf irgend eine Art in sich selbst und durch sich selbst ist« (Lehrb. d. philos. Wissensch. I, 98 f.). Nach OERSTED ist das Wesen eines Dinges dessen »lebende Idee« (B. d.). Nach SUABEDISSEN ist das Wesen einer Sache »das, was sie eigentlich ist, ihre wahre, sich selbst gleichbleibende Bedeutung im Ganzen der Dinge«. Es ist der innere Grund dessen, was aus der Sache hervorgeht (Grdz. d. Lehre von d. Mensch. S. 125). CHR. KRAUSE nennt »Wesen« das Absolute (s. Gott) (Vorles. S. 168). Selbheit, Ganzheit, Vereinheit sind Momente der Wesenheit (Vorles. S. 172 ff.. Abr. d. Rechtsphilos. S. 21. vgl. Urwesen). Das Wesen ist das »Selbständige« (Vorles. S. 49). »Wesenheit« ist »das, was ein Wesen weset und ist« (l. c. S. 49, 172). HEGEL versteht unter Wesen eine metaphysische Kategorie, ein Moment des dialektischen (s. d.) Prozesses. »Das Sein oder die Unmittelbarkeit, welche durch die Negation ihrer selbst Vermittlung mit sich und Beziehung auf sich selbst ist, somit ebenso Vermittlung, die sich zur Beziehung auf sich, zur Unmittelbarkeit aufhebt, ist das Wesen« (Encykl. § 111). »Das Wesen ist der Begriff als gesetzter Begriff.« »Das Wesen ist... das Sein als Scheinen in sich selbst.« »Das Absolute ist das Wesen« (l. c. § 112). Das Wesen ist »In-sich-sein« (l. c. § 114. vgl. K. ROSENKRANZ, Syst. d. Wissensch. S. 47 ff.). Nach SCHLEIERMACHER ist das Wesen »das Zugleich von Kraft und Erscheinung als Kraft oder auf allgemeine Weise gesetzt« (Philos. Sittenlehre § 52). Nach HILLEBRAND ist das Wesen der Dinge ihre »Endlichkeit in der Unendlichkeit«, die »ewige Identität des Allgemeinen und Besondern« (Philos. d. Geist. II, 53 f.). Nach C. H. WEISSe bezeichnet »Wesen« die Selbständigkeit des Seienden, das feste Bestehen (Grdz. d. Met. S. 366). Wesen ist »die Wahrheit des Seins« (l. c. S. 266). Es ist die Kategorie, in der sämtliche ontologische Kategorien enthalten sind (l. c. S. 267 ff.). Nach HERBABT ist Wesen, »was als seiend gedacht wird« (Hauptp. d. Met. S. 26). ROSMINI erklärt: »Essenza chiamo ciò che si comprende nell' idea di una qualche cosa« (Nuovo saggio II, 217). Nach SCHOPENHAUER liegt das innerste Wesen jedes Tieres und auch des Menschen in der Spezies (W. a. W. u. V. II. Bd., C. 41). - Vgl. BRANISS, Syst. d. Met.2, S. 268 ff.. CHALYBAEUS, Wissenschaftslehre S. 133, u. a. Nach W. ROSENKRANTZ ist Wesen »die nicht in die Erscheinung fallende Ursache, wodurch das zum Begriffe eines Dinges Gehörige zu dem in der Erscheinung Seienden wird« (Wissensch. d. Wiss. I, 363).
Nach J. ST. MILL ist das Wesen »das Ganze der durch das Wort mitbezeichneten Attribute« (Log. I, 131). TAINE erklärt: »Der wesentliche Charakter ist eine Eigenschaft, aus der alle übrigen oder wenigstens viele andere Eigenschaften nach feststehenden Zusammengehörigkeiten hervorgehen« (Philos. d. Kunst 1866, S. 43). Nach LOTZE ist das Wesen eines Dinges das »Gesetz seiner Verhaltungsweise« (Met. S. 65 ff.). K. HEIDMANN bestimmt: »Wesentlich in jedem Einzelding ist... alles, soweit es aus seinem Spezialgesetz allein floß« (Der Substanzbegr. S. 51). HAGEMANN definiert: »Die Wesenheit ist... die innere Einheit aller derjenigen Bestimmtheiten, wodurch ein Ding das ist, was es ist, und wodurch es sich von allen andern Dingen unterscheidet« (Met.2, S. 21). »Die physische Wesenheit ist die Einheit derjenigen Bestimmtheiten, wodurch ein Ding einzig in seiner Art und von allen anderen Dingen derselben Art verschieden ist« (individuelle Wesenheit). »Die metaphysische Wesenheit ist die Einheit derjenigen Bestimmtheiten, welche ein Ding mit andern Dingen derselben Art gemeinsam hat« (spezifische, begriffliche Wesenheit) (l. c. S. 21). »Die Wesenheiten der Dinge, bloß begrifflich gefaßt, sind unteilbar, unveränderlich und ewig« (l. c. S. 22). Nach OSTWALD ist das Wesen einer Sache »die Gesamtheit ihrer möglichen Beziehungen« (Vorles. üb. Naturphilos.2, S. 216). Nach R. STAMMLER ist es »die Einheit bleibender Bestimmungen« (Lehre vom richtig. Recht S. 95). Nach SIGWART ist das Wesen die »Einheit des Dinge, sofern sie für sich die Notwendigkeit gewisser Eigenschaften enthält« (Log. I2, 268). Nach LAZARUS enthält der Begriff das Wesen des Dinges (Leb. d. Seele II2, 301). RIEHL bemerkt: »Wir machen für die Erfahrung das Beständige und Gleichförmige in den Erscheinungen zum Wesen derselben, weil wir auf Grund von Beständigkeit und Gleichförmigkeit die Ergreifung überhaupt begreifen können« (Philos. Krit. II 2, 25). Der Begriff des Wesens ist zunächst ein logischer Begriff. in diesem Sinne ist uns nichts bekannter als das Wesen der Dinge (l. c. S. 27). Ähnlich erklärt WUNDT, daß logische Momente es sind, welche unser Denken in der Verbindung der Begriffselemente bestimmen. »Darin liegt die Bedeutung jener erkenntnistheoretischen Formel, welche sagt, daß in dem Begriff das Wesen des Gegenstandes erfaßt werde. In dieser Formel liegt das Wahre, daß wir jeden Begriff aus denjenigen Beziehungen zusammensetzen, die unserem Denken wesentlich erscheinen« (Log. I, 100). L. ZIEGLER bestimmt: »Das Wesen der Dinge ist ihr logische, Gehalt, die Sämtlichkeit der in ihnen vorhandenen Gesetze« (Wes. d. Kultur, S. 75). HUSSERL versteht unter dem erkenntnistheoretischen Wesen eines objektivierenden Aktes »den gesamten, für die Erkenntnisfunktion in Betracht kommenden Inhalt« (Log. Untere. II, 568). SCHUPPE erklärt: »Man pflegt wesentliche und unwesentliche Eigenschaften zu unterscheiden, ohne doch den Unterschied genau angeben zu können. Denn daß das Wesentliche dasjenige sei, ohne welches das Ding aufhöre zu sein, was es ist, kommt darauf hinaus, daß dann eben nur ein anderer Name zu geben wäre. Wesentlich ist alles dasjenige, was real, d.h. nach gesetzlicher Notwendigkeit zusammen sein resp. einander folgen muß, was also dasein oder eintreten muß, wenn das und das andere da ist oder vorhergegangen ist, mag dieses nun etwas speziell oder nur generell Bestimmtes sein. Wenn zur genauern Bestimmung im Speziellen oder Individuellen nur ein Kreis bestimmter Möglichkeiten zur Verfügung steht, so ist es für den gedachten Begriff unwesentlich, welche von diesen Möglichkeiten gegebenenfalls wirklich eingetreten ist, aber daß gerade diese Zahl von diesen Möglichkeiten zur Verfügung steht, ist wesentlich. Wesentlich ist also alles dasjenige was den Art- und Gattungsbegriff... ausmacht, und dann schränkt sich der Sinn des Unwesentlich auf den Gegensatz zum Art- und Gattungsbegriff ein. was nicht zu diesem gehört, wird unwesentlich genannt. Unwesentlich ist also etwas immer nur in Relation auf etwas oder für etwas, niemals in einem absoluten Sinne. es kommt nur auf die Kausalverkettungen an. Für den Zweck, den man gegebenenfalls gerade verfolgt, ist etwas unwesentlich, weil es ihn nicht zu fördern geeignet ist, für einen naturgesetzlichen Komplex von Erscheinungen ist etwas unwesentlich, weil es nicht von diesem Gesetze gefordert wird. Alles, was zum Individuum gehört, ist für die Art, unter welcher es ist, unwesentlich, aber für das Individuum als dieses Individuum ist es wesentlich« (Log. S. 133 f.). Nach R. WAHLE haben wir nur einen negativen Begriff vom Wesen der Dinge (Kurze Erklär. S. 187 f.). - Vgl. Merkmal, Substanz, Sein, Ding an sich.