Welt - Antike, Scholastik, Neuzeit

Eine Vielheit von Welten neben- und nacheinander gibt es nach dem Buddhismus u. a. (s. Unendlichkeit). Als kosmos soll die Welt zuerst PYTHAGORAS bezeichnet haben (Plac. II, 1. Stob. Ecl. I 21, 450: hos kai prôtos ônomase tên tôn holôn periochên kosmon ek tês en autô taxeôs). Dem HIKETAS (Cic., Acad. II, 39) und EKPHANTUS (Plac. III, 13) wird die Lehre von der Bewegung der Erde um ihre Achse zugeschrieben (später wird die heliozentrische Theorie von ARISTARCH VON SAMOS aufgestellt). - Nach HERAKLIT ist die Welt ein ewiges, unentstandenes, lebendiges, seelenvolles »Feuer«, pyr aeizôon, haptomenon metrô kai aposbennymenon metrô (Clem. Alex., Strom. V, 559. vgl. Prinzipien, Ekpyrosis, Apokatastasis). Nach PLATO ist die Welt ein treffliches Erzeugnis des Demiurgen (s. d.) sie ist ein beseeltes Wesen (zôon empsychon), ein sichtbarer, seliger Gott (theos aisthêtos), ein eikôn tou poiêtou, Bild des Schöpfers (Tim. 30, 46 C, 92 B. Phaedo 98 B Theaet. 176 C). Nach ARISTOTELES ist die Welt hê tou holou systasis (De coel. I 10, 280 a 21). Gott bewegt von der Peripherie aus die Welt (s. Berührung). Die Bewegung einer Sphäre geht auf die von ihr umschlossene Sphäre über (vgl. Met. XII, 8. Phys. V). Die Fixsternsphäre hat die kreisförmige Bewegung. Die Planeten-Sphären werden durch immaterielle Wesen bewegt. Die Erde ist unbewegt in der Mitte der Welt. Die Stoiker unterscheiden to pan (Universum) und to holon (Welt). Ersteres ist das All samt dem leeren Raum, letzteres das außerhalb des Leeren Seiende: pan men gar einai syn tô kenô tô apeirô, holon de chôris tou kenou ton kosmon. mête auxesthai de mête meiousthai ton kosmon (Stob. Ecl. I 21, 442). Die Welt ist systêma ex ouranou kai gês kai tôn en toutois physeôn, ê to ek theôn kai anthrôpôn systêma kai ek tôn heneka toutôn gegonotôn. legetai d' heteros kosmos ho theos, kath' hon hê diakosmêsis ginetai kai teleioutai (l. c. I, 21, 445 squ.). Die Sonne ist (nach KLEANTHES) das hêgemonikon der Welt (l. c. S. 452). Die Welt ist ein beseeltes Wesen (zôon empsychon kai logikon, Diog. L. VII 1, 139), denn von ihr stammt die menschliche Seele (l. c. 142 squ.). Periodisch entsteht und vergeht die Welt (s. Apokatastasis, Ekpyrosis. vgl. Nemes., De nat. hom. 38. s. Unendlich). EPIKUR erklärt: Kosmos esti periochê tis ouranou astra te kai gên kai panta ta phainomena periechousa, apotomên echousa apo tou apeirou kai katalêgousa en perasin ê araiô ê pyknô ê en periagomenô ê en stasin echonti kai strongylên ê trigônon ê hoiandêpote perigraphên (Diog. L. X, 88 squ.. s. Unendlich). Nach PLINIUS ist die Welt ein göttliches Wesen (Histor. natur. II, 6). PHILO bezeichnet die sichtbare Welt als den jüngeren Sohn Gottes. es gibt auch eine Idealwelt (s. Schöpfung, intelligible Welt). Nach PLOTIN ist die Welt eine Emanation (s. d.) schließlich der Gottheit (s. d.). Sie ist zôon - psychên mian echon eis panta autou merê (Enn. IV, 4, 32. vgl. III, 2, 2. s. intelligible Welt). Nach AUGUSTINUS ist die Welt ein »aliud Dei«, ein Geschöpf Gottes, aus nicht erschaffen (s. Schöpfung), um der Güte willen geschaffen (De civ. Dei XI, 10. 21 ff.), Confess. XII, 7). Sie ist eine Einheit, geordnet (De civ. Dei XII, 4. XV, 5. De ord. I, 3). Nach SCOTUS ERIUGENA geht die (intelligible) Welt ewig aus Gott hervor (De div. nat. III, 16). sie ist unvergänglich (l. c. V, 18, 24). Auch nach ALGAZEL geht die Welt ewig aus Gott hervor. Von einem »mundus archetypus« (s. d.) sprechen die Scholastiker. - MICRAELIUS definiert: »Mundus est compages seu systema corporum naturalium tam coelestium quam elementarium« (Lex. philos. p. 689).

Nach NICOLAUS CUSANUS ist das Universum eine »Kontraktion« (s. d.) der Gottheit, »contractum maximum atque unum« (De doct. ignor. II, 4). Es gibt drei Welten: geistige, mittlere, sinnliche Welt. Nach PICO gibt es eine überhimmlische, himmlische und irdische Welt. nach AGRIPPA eine elementare (elementaris) astrale (coelestis), seelisch-geistige Welt (intellectualis) (Occ. Philos. I, 1). Nach GEORG. GEM. PLETHON u. a. gibt es eine Idealwelt als Urbild der sinnlichen Welt, so auch nach PATRITIUS (Panarch. XIII, 29). Nach CAMPANELLA besteht ein »mundus archetypus« (Univ. philos. VII, 6, 12. vgl. X, 1, 3. XIII, 1, 3). Die Welt ist empfindend (De sensu rer. I, 10). Auch nach F. ZORZI ist die Welt ein lebendiges Wesen. so auch nach G. BRUNO, der sie als »magnum animal« bezeichnet (De umbr. idear. p. 31. vgl. Del l'infin. p. 25, 67 ff.. s. Unendlich). - Nach GASSENDI ist die Welt ein Teil des Universums. sie ist nicht ewig (Philos. Epic. Synt. II, sct. II, 2). Nach J. BÖHME. ist die Welt eine Emanation, ein Spiegel der Gottheit. Gott machte sich kreatürlich. LEIBNIZ definiert »Welt« als die ganze Folge und Zusammenstellung aller bestehenden Dinge (Theod. I B, § 8 f.. s. Harmonie, Optimismus). Nach CHR. WOLF ist die Welt »series entium finitorum tam simultaneorum, quam successivorum inter se connexorum« (Cosmolog. § 48). Die Welt ist »eine Reihe unveränderlicher Dinge..., die nebeneinander sind und aufeinander folgen, insgesamt aber miteinander verknüpft sind« (Vern. Ged. I, § 544 ff.). BAUMGARTEN bestimmt: »Mundus est series (multitudo, totum) actualium finitorum, quae non est pars alterins« (Met. § 534) und BILFINGER: »Mundus est series (collectio vel universitas) rerum omnium mutabilium simul et sukzessive existentium atqus inter se connexarum« (Dilucid. § 139). Nach CRUSIUS ist die Welt »eine solche reale Verknüpfung endlicher Dinge, welche nicht selbst wiederum ein Teil vom andern ist« (Vernunftwahrh. § 350). Vgl. MAUPERTUIS, Essai de cosmolog., 1750. LAMBERT, Kosmol. Briefe, 1761. FONTENELLE, Entretiens sur la pluralité des mondes, 1750.


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