Sonette
1
Es qualmt’ der eitle Markt in Staub und Schwüle,
So klanglos öde wallend auf und nieder,
Wie dacht ich da an meine Berge wieder,
An frischen Sang, Felsquell und Waldeskühle!
Doch steht ein Turm dort über dem Gewühle,
Der andre Zeiten sah und beßre Brüder,
Das Kreuz treu halten seine Riesenglieder,
Wie auch der Menschlein Flut den Fels umspüle.
Das war mein Hafen auf der weiten Wüste,
Oft kniet ich betend in des Domes Mitte,
Dort hab ich dich, mein liebes Kind, gefunden;
Ein Himmelsbote wohl, der so mich grüßte:
"Verzweifle nicht! die Schönheit und die Sitte
Sie sind noch von der Erde nicht verschwunden."
2
Ein alt Gemach voll sinn’ger Seltsamkeiten,
Still’ Blumen aufgestellt am Fensterbogen,
Gebirg’ und Länder draußen blau gezogen,
Wo Ströme gehn und Ritter ferne reiten.
Ein Mädchen, schlicht und fromm wie jene Zeiten,
Das, von den Abendscheinen angeflogen,
Versenkt in solcher Stille tiefe Wogen —
Das mocht auf Bildern oft das Herz mir weiten.
Und nun wollt wirklich sich das Bild bewegen,
Das Mädchen atmet’ auf, reicht aus dem Schweigen
Die Hand mir, daß sie ewig meine bliebe.
Da sah ich draußen auch das Land sich regen,
Die Wälder rauschen und Aurora steigen —
Die alten Zeiten all weckt mir die Liebe.
3
Wenn zwei geschieden sind von Herz und Munde,
Da ziehn Gedanken über Berg’ und Schlüfte
Wie Tauben säuselnd durch die blauen Lüfte,
Und tragen hin und wider süße Kunde.
Ich schweif umsonst, so weit der Erde Runde,
Und stieg ich hoch auch über alle Klüfte,
Dein Haus ist höher noch als diese Lüfte,
Da reicht kein Laut hin, noch zurück zum Grunde.
Ja, seit du tot - mit seinen blühnden Borden
Wich ringsumher das Leben mir zurücke,
Ein weites Meer, wo keine Bahn zu finden.
Doch ist dein Bild zum Sterne mir geworden,
Der nach der Heimat weist mit stillem Blicke,
Daß fromm der Schiffer streite mit den Winden.