Beispiele von Arbeitshaus-Brutalität

 

Im Arbeitshause zu Greenwich wurde im Sommer 1843 ein fünfjähriger Knabe drei Nächte zur Strafe in die Totenkammer gesperrt, wo er auf den Deckeln der Särge schlafen mußte. - Im Arbeitshause zu Herne geschah dasselbe mit einem kleinen Mädchen, das während der Nacht das Bett nicht trocken hielt; diese Art Strafe scheint überhaupt sehr beliebt zu sein. Dies Arbeitshaus, das in einer der schönsten Gegenden von Kent liegt, zeichnet sich auch dadurch aus, daß alle Fenster nach innen, nach dem Hofe zu gehen und bloß zwei neugebrochene den Bewohnern desselben einen Blick in die Außenwelt gestatten. Der Schriftsteller, der dies im "Illuminated Magazine" erzählt, schließt seine Schilderung mit den Worten:

"Wenn Gott den Menschen für Verbrechen so bestraft, wie der Mensch den Menschen straft für die Armut, dann wehe den Söhnen Adams!"

Im November 1843 starb zu Leicester ein Mann, der zwei Tage vorher aus dem Arbeitshause zu Coventry entlassen worden war. Die Details über die Behandlung der Armen in dieser Anstalt sind empörend. Der Mann, George Robson, hatte eine Wunde an der Schulter, deren Kur gänzlich vernachlässigt wurde; er wurde an die Pumpe gestellt, um sie mit dem gesunden Arm in Bewegung zu setzen; dabei bekam er nur die gewöhnliche Armenhauskost, die er wegen der Schwächung seines Körpers durch die unbeachtete Wunde nicht verdauen konnte; er wurde notwendig schwächer, und je mehr er klagte, desto brutaler wurde die Behandlung. - Wenn seine Frau, die auch im Arbeitshause war, ihm ihr bißchen Bier bringen wollte, so wurde sie gescholten und mußte es in Gegenwart der Aufseherin austrinken. Er wurde krank, aber auch dann keine bessere Behandlung. Zuletzt wurde er auf sein Begehren mit seiner Frau unter dem Geleite der beleidigendsten Ausdrücke entlassen. Zwei Tage darauf starb er in Leicester, wie der bei der Totenschau gegenwärtige Arzt erklärte, infolge der vernachlässigten Wunde und der für seinen Zustand schlechterdings unverdaulichen Kost. Bei seiner Entlassung wurden ihm Briefe eingehändigt, in denen Geld für ihn war, die sechs Wochen lang zurückgehalten und nach einer Regel des Etablissements vom Vorsteher eröffnet worden waren! - Im Arbeitshause zu Birmingham fielen so schändliche Dinge vor, daß endlich im Dezember 1843 ein Beamter abgeschickt wurde, um die Sache zu untersuchen. Er fand, daß vier Trampers (wir haben oben eine Erklärung dieses Ausdrucks gehabt) in ein Hundeloch (black-hole) unter der Treppe nackend eingesperrt und 8 bis 10 Tage in diesem Zustande gehalten worden waren, oft hungrig, ohne vor Mittag etwas zu essen zu erhalten, und in der strengsten Jahreszeit. Ein kleiner Junge war durch sämtliche Strafgefängnisse der Anstalt geschickt worden, zuerst in eine feuchte, gewölbte, enge Rumpelkammer, dann zweimal ins Hundeloch, das zweite Mal drei Tage und drei Nächte, dann ebensolange ins alte Hundeloch, was noch schlechter war, dann ins Trampzimmer, ein stinkendes, ekelhaft schmutziges, enges Loch mit hölzernen Schlafpritschen, wo der Beamte bei seiner Revision noch zwei zerlumpte, vor Kälte zusammengekrochene Knaben fand, die bereits vier Tage dort gesessen hatten. Im Hundeloch saßen oft sieben und im Trampzimmer oft zwanzig Trampers zusammengepfropft.. Auch Weiber waren zur Strafe, weil sie nicht in die Kirche gehen wollten, ins Hundeloch gesteckt, und eine war sogar vier Tage ins Trampzimmer gesperrt worden, wo sie Gott weiß was für Gesellschaft fand, und alles das, während sie krank war und Medizin einnahm! Ein anderes Weib war zur Strafe ins Tollhaus geschickt worden, obwohl sie vollkommen bei Verstande war. - Im Arbeitshause zu Bacton in Suffolk war im Januar 1844 eine ähnliche Untersuchung, woraus hervorging, daß hier eine Blödsinnige als Krankenwärterin angestellt war und allerlei verkehrtes Zeug mit den Kranken trieb, und daß Kranke, die nachts oft unruhig waren oder aufstanden, mit über dem Bettzeug und unter dem Bette her geführten Stricken festgebunden. wurden, um den Wärterinnen die Mühe des Aufbleibens zu ersparen - ein Kranker wurde in diesem Zustande tot gefunden. Im Armenhause von St. Pancras, London, wo die billigen Hemden verfertigt werden, erstickte ein Epileptischer während eines Anfalls im Bette, ohne daß ihm jemand zu Hülfe gekommen wäre. In demselben Hause schlafen vier bis sechs, ja zuweilen acht Kinder in einem Bette. - Im Shoreditch-Arbeitshause in London wurde ein Mann eine Nacht mit einem Kranken, der im heftigsten Fieber lag, in ein Bett gesteckt, und das Bett war noch dazu voll Ungeziefer. - Im Arbeitshause zu Bethnal Green, London, wurde eine im sechsten Monat schwangere Frau mit ihrem noch nicht zweijährigen Kinde vom 28. Februar bis 20. März 1844 im Empfangszimmer eingeschlossen, ohne ins Arbeitshaus selbst aufgenommen. zu werden - von Betten und Orten der Befriedigung der natürlichsten Bedürfnisse keine Spur. Ihr Mann wurde ins Arbeitshaus gebracht, und als er bat, man möge seine Frau aus ihrer Einsperrung befreien, erhielt er für diese Insolenz vierundzwanzig Stunden Arrest bei Wasser und Brot. - Im Arbeitshause zu Slough bei Windsor lag im September 1844 ein Mann am Tode; seine Frau reiste hin, kam nachts zwölf Uhr an, eilte zum Arbeitshause und wurde nicht zugelassen; am nächsten Morgen erst erhielt sie Erlaubnis, ihn zu sehen, und auch dann nur für eine halbe Stunde und in Gegenwart der Aufseherin, die bei jedem folgenden Besuch der Frau sich zudrängte und ihr nach einer halben Stunde sagte, jetzt müsse sie gehen. - Im Arbeitshause zu Middleton in Lancashire waren zwölf, zuzeiten achtzehn Paupers beiderlei Geschlechts, die in einem Zimmer schliefen. Diese Anstalt steht nicht unter dem neuen, sondern einem frühern, exzeptionellen Armengesetz (Gilbert's Act). Der Inspektor hatte eine Brauerei für seine Rechnung im Arbeitshause angelegt. - In Stockport wurde am 31. Juli 1844 ein 72jähriger Greis aus dem Armenhause vor den Friedensrichter geschleppt, weil er sich weigerte, Steine zu klopfen, und vorgab, wegen seines Alters und eines steifen Knies könne er diese Arbeit nicht tun. Vergehens erbot er sich, irgendeine Arbeit zu übernehmen, die seiner Körperstärke angemessen sei - er wurde zu 14 Tagen Zwangsarbeit auf der Tretmühle verurteilt. - Im Arbeitshause zu Basford fand ein revidierender Beamter im Februar 1844, daß die Bettücher in dreizehn Wochen, die Hemden in vier Wochen, die Strümpfe in zwei bis zehn Monaten nicht gewechselt worden waren, so daß von fünfundvierzig Knaben nur drei noch Strümpfe hatten und die Hemden alle zerlumpt waren. Die Betten wimmelten von Ungeziefer, und die Eßnäpfe wurden aus den Urineimern gewaschen. - Im West-Londoner Armenhause war ein Portier, der syphilitisch war und seine Krankheit vier Mädchen mitgeteilt hatte, dennoch nicht entlassen worden, und ein andrer Portier nahm ein taubstummes Mädchen aus einem der Zimmer, verbarg sie vier Tage in seinem Bett und schlief bei ihr. Auch er wurde nicht weggeschickt.

 


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