Zum Hauptinhalt springen

Die zukünftigen Chancen der psychoanalytischen Therapie

(1910)

Meine Herren! Da uns heute vorwiegend praktische Ziele zusammengeführt haben, werde auch ich ein praktisches Thema zum Gegenstand meines einführenden Vortrages wählen, nicht Ihr wissenschaftliches, sondern Ihr ärztliches Interesse anrufen. Ich halte mir vor, wie Sie wohl die Erfolge unserer Therapie beurteilen, und nehme an, daß die meisten von Ihnen die beiden Phasen der Anfängerschaft bereits durchgemacht haben, die des Entzückens über die ungeahnte Steigerung unserer therapeutischen Leistung und die der Depression über die Größe der Schwierigkeiten, die unseren Bemühungen im Wege stehen. Aber an welcher Stelle dieses Entwicklungsganges sich die einzelnen von Ihnen auch befinden mögen, ich habe heute vor, Ihnen zu zeigen, daß wir mit unseren Hilfsmitteln zur Bekämpfung der Neurosen keineswegs zu Ende sind und daß wir von der näheren Zukunft noch eine erhebliche Besserung unserer therapeutischen Chancen erwarten dürfen.

Von drei Seiten her, meine ich, wird uns die Verstärkung kommen:

(1) durch inneren Fortschritt,

(2) durch Zuwachs an Autorität,

(3) durch die Allgemeinwirkung unserer Arbeit.

[Eröffnungsvortrag auf dem Zweiten Internationalen Psychoanalytischen Kongreß, 30.-31. März 1910, Nürnberg. — Erstveröffentlichung: Zentralblatt für Psychoanalyse, Bd. 1 (1-2), 1910, S. 1-9. — Gesammelte Werke, Bd. 8, S. 104-15.]