IV. Staat und Gesellschaft
Die Gesellschaft ist immer Republik – die einzelnen streben immer empor, und die Gesamtheit drängt sie zurück.
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Bei den Alten rühmen sich die Patrioten beständig, z. B. Cicero. Auch die Neueren machen es zur Zeit der höchsten Freiheit ebenso, z. B. Robespierre, Camille Desmoulins etc. Kommt bei uns diese Zeit, so werden wir uns gleichfalls rühmen. Die Ruhmlosen haben gewiß recht, wenn sie die Bescheidenheit predigen. Es wird ihnen so leicht, diese Tugend auszuüben, sie kostet ihnen keine Überwindung, und durch ihre Allgemeinheit bemerkt man nicht ihre Tatenlosigkeit.
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Man muß ganz Deutschland kennen, ein Stück ist gefährlich. Es ist die Geschichte vom Baume, dessen Blätter und Früchte wechselseitiges Gegengift sind.
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Luther erschütterte Deutschland – aber Franz Drake beruhigte uns wieder: er gab uns die Kartoffel.
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Das Öl, das auf die Köpfe der Könige gegossen wird, stillt es die Gedankenstürme?
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Es gibt kein deutsches Volk: Adel, Bürgerstand, Bauern sind heterogener als bei den Franzosen vor der Revolution.
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Der preußische Adel ist etwas Abstraktes, er bezieht sich rein auf den Begriff der Geburt, nicht auf Eigentum. Die preußischen Junker haben kein Geld.
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Die hannövrischen Junker sind Esel, die nur von Pferden sprechen.
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Bediente, die keinen Herrn haben, sind darum doch keine freie Menschen – die Dienstbarkeit ist in ihrer Seele.
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Der Deutsche gleicht dem Sklaven, der seinem Herrn gehorcht, ohne Fessel, ohne Peitsche, durch das bloße Wort, ja durch einen Blick. Die Knechtschaft ist in ihm selbst, in seiner Seele; schlimmer als die materielle Sklaverei ist die spiritualisierte. Man muß die Deutschen von innen befreien, von außen hilft nichts.
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Der Hund, dem man einen Maulkorb anlegt, bellt mit dem H.....n. – Das Denken auf Umweg äußert sich noch mißduftiger, durch Perfidie des Ausdrucks.
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Die Deutschen arbeiten jetzt an der Ausbildung ihrer Nationalität, kommen aber damit zu spät. Wenn sie dieselbe fertig haben, wird das Nationalitätswesen in der Welt aufgehört haben und sie werden auch ihre Nationalität gleich wieder aufgeben müssen, ohne wie Franzosen oder Briten Nutzen davon gezogen zu haben.
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Ich betrachtete den Dombau immer als ein Spielzeug; ich dachte: ein Riesenkind, wie das deutsche Volk, bedarf ebenfalls eines so kolossalen Spielzeugs wie der Kölner Dom ist – aber jetzt denk’ ich anders. Ich glaube nicht mehr, daß das deutsche Volk ein Riesenkind; jedenfalls ist es kein Kind mehr, es ist ein großer Junge, der viel natürliche Anlagen hat, aus dem aber doch nichts Ordentliches wird, wenn er nicht ernsthaft die Gegenwart benutzt und die Zukunft ins Auge faßt. Wir haben keine Zeit mehr zum Spielen oder die Träume der Vergangenheit auszubauen.
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Politische Wetterfahnen
Sie beschwören Stürme und verlassen sich auf ihre Beweglichkeit – sie vergessen, daß ihnen ihre Beweglichkeit nichts helfen wird, wenn mal der Sturmwind den Turm stürzt, worauf sie stehen.
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Demagogie, die heilige Allianz der Völker.
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Wenn ich von Pöbel spreche, nehme ich davon aus: erstens alle, die im Adreßbuch stehen, und zweitens alle, die nicht drin stehen.
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Die neubürgerliche Gesellschaft will im Taumel der Vergnügungen hastig den letzten Becher leeren, wie die altadlige vor 1789 – auch sie hört schon im Korridor die marmornen Tritte der neuen Götter, welche ohne anzuklopfen in den Festsaal eintreten werden und die Tische umstürzen.
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Der junge Schweinehirt will als Reicher seine Schweine zu Pferde hüten – Diese Bankiers haben sich aufs hohe Pferd gesetzt und treiben noch immer das alte schmutzige Handwerk.
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∗∗ liebt die Juden nicht. Als ich ihn darüber befragte, sagte er: „Sie sind schlecht ohne Grazie, flößen Abscheu ein gegen die Schlechtigkeit und schaden mir mehr als sie nutzen.“
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Auch Rothschild könnte eine Walhalla bauen – ein Pantheon aller Fürsten, die bei ihm Anlehen gemacht.
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Die Hauptarmee der Feinde Rothschilds besteht aus allen, die nichts haben; sie denken alle: was wir nicht haben, hat Rothschild. Hinzu fließt die Masse derer, die ihr Vermögen verlieren; statt ihrer Dummheit diesen Verlust zuzuschreiben, glauben sie, die Pfiffigkeit derer, die ihr Vermögen behalten, sei daran schuld. Sowie einer kein Geld mehr hat, wird er Rothschild’s Feind.
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Der Kommunist, welcher mit Rothschild seine 300 Millionen teilen will; dieser schickt ihm seinen Teil, 9 Sous – „Nun laß mich zufrieden!“
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Die Kommunisten hegen einen achselzuckenden Widerwillen gegen Patriotismus, Ruhm und Krieg.
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Nach den fetten Kühen kommen die magern, nach den mageren gar kein Fleisch.
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Ich will prophezeien: Ihr werdet einmal im Winter eine Revolution erleben, die wird schrecklicher als alle früheren sein! Wenn das Blut im Schnee rinnt ...
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Der Volksstrom gleicht dem empörten Meere: die Wolken darüber geben ihm nur die Färbung, weiße Wellen (Müller und Brauer) dazwischen; Schriftsteller färben mit dem Wort die vorhandenen Empörungselemente.
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Eine Assoziation der Ideen, in dem Sinne, wie Assoziation in der Industrie, z. B. Verbündung philosophischer Gedanken mit staatswirtschaftlichen, würde überraschende neue Resultate ergeben.
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Das alte Märchen der drei Brüder realisiert sich. Der eine läuft hundert Meilen in einigen Stunden, der andere sieht hundert Meilen weit, der dritte schießt so weit, der vierte bläst Armeen fort – Eisenbahn, Fernrohr, Kanonen, Pulver oder Presse.
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Place de la Concorde
Ich möchte wissen, wenn man auf diesen Ort säet, ob Korn wachsen wird?
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Die Hinrichtungen in Masse auf dem Grèveplatz und dem Platze Ludwig’s XV. waren ein argumentum ad hominem: Jeder konnte hier sehen, daß das adlige Blut nicht schöner war als das Bürgerlicher. Der wahnsinnige Bürger, der jeder Exekution beiwohnte, wie einem praktischen Experimente zum Beweis der idealen Theorie.
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Vision
Der Platz Ludwig’s XVI. – Eine Leiche, der Kopf dabei, der Arzt macht Versuche, ob er wieder zusammen zu heilen, schüttelt das Haupt: „Unmöglich!“ und geht seufzend fort – Höflinge versuchen das tote Haupt festzubinden, es fällt aber immer herunter.
Wenn ein König den Kopf verloren, ist ihm nicht mehr zu helfen.
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Der Wahnsinnige will nicht in den Tuilerien spazieren gehen; er sieht die Bäume zwar schön grün, aber die Wurzeln in der Erde blutrot.
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Je näher die Leute bei Napoleon standen, desto mehr bewunderten sie ihn – bei sonstigen Helden ist das Umgekehrte der Fall.
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Napoleon war nicht von dem Holz, woraus man die Könige macht – er war von jenem Marmor, woraus man Götter macht.
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Napoleon haßt die Boutiquiers und die Advokaten – er mitralliert jene und jagt diese zum Teufel hinaus. Sie unterwerfen sich, aber sie hassen ihn (sie glauben die Revolution für sich gemacht zu haben, und Napoleon benutzt sie für sich und für das Volk). Sie sehen die Restauration mit Vergnügen.
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Der Kaiser war keusch wie Eisen.
Seine Feinde die Nebelgespenster, die des Nachts die Vendomesäule umtanzen und hinein beißen.
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Sie schimpfen auf ihn, aber doch immer mit einem gewissen Respekt – während sie mit der rechten Hand Kot auf ihn werfen, halten sie in der linken den Hut.
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Die Verfertiger des Code Napoléon hatten glücklicherweise in Revolutionszeiten gelebt, wo sie die Leidenschaften und höchsten Lebensfragen mitfühlen lernten.
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Eine Nation kann nicht regeneriert werden, wenn ihre Regierung keine hohe moralische Kraft zeigt. Diese Kraft regeneriert. Daher war die fünfzehnjährige Regierung Napoleons notwendig – er heilte durch Feuer und Eisen die kranke Nation, seine Regierung war eine Kurzeit. Er war der Moses der Franzosen; wie dieser sein Volk durch die Wüste herumzieht, um es durch diese Kurzeit zu heilen, so trieb der die Franzosen durch Europa. – Dieser Regierung steht die Partei der Pourris gegenüber als Opposition, und zu ihr gehörte Frau von Staël. Ihre Koterie ist geistreich, witzig, liebenswürdig – aber faul: Talleyrand, der Doyen der Putrifikation, der Nestor der Lüge, le parjure des deux siècles. Chateaubriand – wir ehren, wir lieben ihn, aber er ist le grand inconséquent, ein unsterblicher Dupe, ein Dichter, ein Pilger mit einer Flasche Jordanwasser, eine wandelnde Elegie, un ésprit d’outre tombe, aber kein Mann. Ihre andern Freunde einige Edelleute des edlen Faubourg, ritterliche Schatten, liebenswürdig, aber krank, leidend, ohnmächtig. Benjamin Constant war der Beste, und der hat noch auf dem Todbette Geld genommen von Ludwig Philipp!
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Le style c’est l’homme – c’est aussi la femme! Frau von Staël’s Unwahrheit: ein ganzes Ratelier unwahrer Gedanken und Redeblumen, welche bösen Dünsten gleichen. – Sie rühmt Wellington, ce héros de cuir avec un coeur de bois et un cerveau de papier-maché!
Frau von Staël war eine Schweizerin. Die Schweizer haben Gefühle, so erhaben wie ihre Berge, aber ihre Ansichten der Gesellschaft sind so eng wie ihre Täler.
Ihr Verhältnis zu Napoleon: sie wollte dem Cäsar geben, was des Cäsars war; als dieser aber dessen nicht wollte, frondierte sie ihn, gab sie Gott das Doppelte.
Sie hatte keinen Witz, sie beging den Unsinn, Napoleon einen Robespierre zu Pferde zu nennen. Robespierre war nur ein aktiver Rousseau, wie Frau von Staël ein passiver Rosseau, und man könnte sie selber viel eher einen Robespierre in Weibskleidern nennen.
Überall spricht sie Religion und Moral – nirgends aber sagt sie, was sie darunter versteht.
Sie spricht von unserer Ehrlichkeit und unserer Tugend und unserer Geistesbildung – sie hat unsere Zuchthäuser, unsere Bordelle und unsere Kasernen nicht gesehen, sie sah nicht unsere Buchhändler, unsere Clauren, unsere Leutnants.
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Pozzo di Borgo und Stein – saubere Helden! Der eine ein Renegat, der für ein paar Rubel sein Vaterland, seine Freunde und sein eignes Herz verkaufte, der andere ein hochnasiger Krautjunker, der unter dem Mantel des Patriotismus den Wappenrock der Vergangenheit verbarg – Verrat und Haß.
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Man weiß nicht, warum unsere Fürsten so alt werden – sie fürchten sich zu sterben, sie fürchten in der anderen Welt den Napoleon wieder zu finden.
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Wie im Homer die Helden auf dem Schlachtfeld ihre Rüstungen, so tauschten die Völker dort ihre Haut: die Franzosen zogen unsre Bärenhaut, wir ihre Affenhaut an. Jene tun nun gravitätisch, wir klettern auf Bäume. Jene schelten uns Voltairianer – seid ruhig, wir haben nur eure Haut an, wir sind doch Bären im Herzen.
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Was man nicht erlebt in unserer Wunderzeit! sogar die Bourbonen werden Eroberer!
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Das Volk von Paris hat die Welt befreit, und nicht mal ein Trinkgeld dafür angenommen.
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Ja, wieder errang sich Paris den höchsten Ruhm. Aber die Götter, neidisch ob der Größe der Menschen, suchen sie herabzudrücken, demütigen sie, durch erbärmliche Ereignisse zum Beispiel.
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Die Presse gleicht jenem fabelhaften Baume: genießt man die Frucht, so erkrankt man; genießt man die Blätter, so genest man von dieser Krankheit, und umgekehrt. So ist es mit der Lektüre der legitimistischen und der republikanischen Blätter in Frankreich.
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Die französischen Journale tragen sämtlich eine ganz bestimmte Parteifarbe; sie weisen jeden Artikel zurück, der sich nicht mit den augenblicklichen Tagesinteressen, den sogenannten Aktualitäten, beschäftigt. – In Deutschland ist just das Gegenteil der Fall, und wenn ich auch zuweilen darüber lächeln muß, daß die deutschen Blätter so viele Gegenstände, die mit den zeitlichen Landesfragen in keiner entferntesten Berührung stehen, so gründlich behandeln, z. B. die chinesischen oder ostindischen Kulturbezüge: so muß ich dennoch mich freuen über diesen Kosmopolitismus der deutschen Presse, die sich selbst für die abenteuerlichsten Nöte auf dieser Erde interessiert und alle menschentümlichen Besprechungen so gastlich aufnimmt!
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Lafayette
Die Welt wundert sich, daß einmal ein ehrlicher Mann gelebt – die Stelle bleibt vakant.
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Der Engländer, welcher van Amburgh nachstreift, allen seinen Vorstellungen beiwohnt, überzeugt, daß der Löwe ihn doch am Ende zerreißt, und dieses Schauspiel durchaus betrachten will, gleicht dem Historiker, der in Paris darauf wartet, bis das französische Volk endlich den Ludwig Philipp zerreißt, und der nun diesen Löwen inzwischen täglich beobachtet.
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Wenn ein Prix Monthyon für Könige gestiftet würde, so wäre Ludwig Philipp der beste Kandidat! Unter ihm herrschte Glück und Freiheit – er war der Roi d’Yvetot der Freiheit.
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Guizot ist kein Engländer, sondern ein Schotte, er ist Puritaner, aber für sich, weil’s sein Naturell. Da er aber die entgegengesetzten Naturen begreift, ist er tolerant selbst gegen die Frivolität.
Die hervorragendste Eigenschaft ist sein Stolz: Wenn er in den Himmel zum lieben Gott kommt, wird er diesem ein Kompliment darüber machen, daß er ihn so gut erschaffen.
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Durch die Eisenbahnen werden plötzliche Vermögenswechsel herbeigeführt. Dieses ist in Frankreich gefährlicher als in Deutschland. Deshalb geht die Regierung mit Scheu an die Eisenbahnen.
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Nicht der Vortrefflichkeit ihrer Lehre wegen, sondern wegen der Vulgarität derselben, und weil die große Menge unfähig ist, eine höhere Doktrin zu fassen, glaube ich, daß die Republikaner, zunächst in Frankreich, allmählich die Oberhand gewinnen und für einige Zeit ihr Regiment befestigen werden. Ich sage: für einige Zeit, denn jene plebejischen Republiken, wie unsere Radikalen sie träumen, können sich nicht lange halten . . . Indem wir mit Gewißheit ihre kurze Dauer voraussehen, trösten wir uns ob der Fortschritte des Republikanismus. Er ist vielleicht eine notwendige Übergangsform, und wir wollen ihm gern den verdrießlich eingepuppten Raupenzustand verzeihen, in der Hoffnung, daß der Schmetterling, der einst daraus hervorbricht, desto farbenreicher beflügelt seine Schwingen entfalten und im süßen Sonnenlichte mit allen Lebensblumen spielen wird! – Wir sollten euch eigentlich wie griesgrämige Väter behandeln, deren zugeknöpft pedantisches Wesen zwar unbequemer für weltlustige Söhne, aber dennoch nützlich ist für deren künftiges Etablissement. Aus Pietät, wenn nicht schon aus Politik, sollten wir daher nur mit einer gewissen Zurückhaltung über jene trüben Käuze unsere Glossen aussprechen. Wir wollen euch sogar ehren, wo nicht gar unterstützen, nur verlangt nicht zu viel, und werdet keine Brutusse an uns, wenn etwa eure allzu einfache Suppen uns nicht munden und wenn wir manchmal zurück schmachten nach der Küche der Tarquinier!
Sonderbar! wir wiegen und trösten uns mit dieser Hypothese von einer kurzen Dauer des republikanischen Regimentes in derselben Weise wie jene greisen Anhänger des alten Regimes, die aus Verzweiflung über die Gegenwart nur in dem Siege der Republikaner ihr Heil sehen, und um Heinrich V. auf den Thron zu bringen, mit Todesverachtung die Marseillaise anstimmen ...
Où allez vous, monsieur l’abbé?
Vous allez vous casser le nez!
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Für die Güte der Republik könnte man denselben Beweis anführen, den Boccaccio für die Religion anführt: sie besteht trotz ihrer Beamten.
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Der geheime Haß der höchsten Republikbeamten gegen die Republik gleicht dem geheimen Hasse der vornehmen Römer, die als Bischöfe und Prälaten ihre alte Auctoritas fortsetzen mußten.
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Die Franzosen sind sicherer im Umgang, eben weil sie positiv und traumlos – der träumende Deutsche schneidet dir eines Morgens ein finsteres Gesicht, weil ihm geträumt, du hättest ihn beleidigt, oder sein Großvater hätte von dem deinigen einen Fußtritt bekommen.
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Die Franzosen sind allem Traumwesen so entgegen gesetzt, daß man selbst von ihnen nie träumt, sondern nur von Deutschen.
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Die Deutschen werden nicht besser im Ausland, wie das exportierte Bier.
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Unter den hier lebenden kleinen Propheten sind wenige Deutsche – die meisten kommen nach Frankreich, um zu zeigen, daß sie auch in der Fremde keine Propheten sind.
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Das junge Mädchen sagte: „Der Herr muß sehr reich sein, denn er ist sehr häßlich.“ Das Publikum urteilt in derselben Weise: „Der Mann muß sehr gelehrt sein, denn er ist sehr langweilig.“ Daher der Succeß vieler Deutschen in Paris.
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Es scheint die Mission der Deutschen in Paris zu sein, mich vor Heimweh zu bewahren.
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Wie im Schattenspiel ziehen die durchreisenden Deutschen mir hier vorbei, keiner entwickelt sich.
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Gefährliche Deutsche! Sie ziehen plötzlich ein Gedicht aus der Tasche oder beginnen ein Gespräch über Philosophie.
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Deutsche und französische Frauen
Die deutschen Öfen wärmen besser als die französischen Kamine, aber daß man hier das Feuer lodern sieht, ist angenehmer; ein freudiger Anblick, aber Frost im Rücken – Deutscher Ofen, wie wärmst du treu und scheinlos!
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Eine Allianz zwischen Frankreich und Rußland hätte, bei der Affinität beider Länder, nichts so gar Unnatürliches. In beiden Ländern herrscht der Geist der Revolution: hier in der Masse, dort konzentriert in einer Person; hier in republikanischen, dort in absolutistischen Formen; hier die Freiheit, dort die Zivilisation im Auge haltend; hier idealen Prinzipien, dort der praktischen Notwendigkeit huldigend, an beiden Orten aber revolutionär agierend gegen die Vergangenheit, die sie verachten, ja hassen. Die Schere, welche die Bärte der Juden in Polen abschneidet, ist dieselbe, womit in der Konziergerie dem Ludwig Capet die Haare abgeschnitten wurden, es ist die Schere der Revolution, ihre Zensurschere, womit sie nicht einzelne Phrasen oder Artikel, sondern den ganzen Menschen, ganze Zünfte, ja ganze Völker aus dem Buche des Lebens schneidet. Niklas war gegen Frankreich, weil dieses seiner Regierungsform, dem Absolutismus, propagandistisch gefährlich war, nicht seinen Regierungsprinzipien; ihm mißfiel an Ludwig Philipp das beschränkt Bürgerkönigliche, das ihm eine Parodie der wahren Königsherrlichkeit dünkte, aber dieser Unmut weicht in Kriegsfällen vor der Notwendigkeit, die ihm das höchste Gesetz – die Zaren unterwerfen sich demselben immer, und müssen sie dabei auch ihre persönlichen Sympathien opfern. Das ist ihre Force, sie sind deshalb immer so stark, und ist einer schwach, so stirbt er bald an der Familienkrankheit und macht einem Stärkeren Platz.
Richtig beobachtete Custine ihre Gleichgültigkeit gegen die Vergangenheit, gegen das Altertümliche. Er bemerkte auch richtig den Zug der Raillerie bei den Vornehmen; diese muß auch im Zar ihre Spitze finden; von seiner Höhe sieht er den Kontrast der kleinen Verhältnisse mit den großen Phrasen, und im Bewußtsein seiner kolossalen Macht muß er jede Phraseologie bis zur Persiflage verachten. (Der Marquis verstand das nicht.) Wie kläglich müssen ihm die chevaleresken Polen erscheinen, diese Leichen des Mittelalters mit modernen Phrasen im Munde, die sie nicht verstehen; er will sie zu Russen machen, zu etwas Lebendigem: auch die Mumien, die Juden, will er beleben; und was sind die gemeinen Russen, als zweibeiniges Vieh, das er zu Menschen heran knutet? Sein Wille ist edel, wie schrecklich immer seine Mittel sind.
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In Rußland zeigt sich die Tendenz, die Einheit der Autorität durch politische, nationale und sogar religiöse Gleichheit zu stärken. Die Autorität, geübt durch die höchste Intelligenz, verfährt terroristisch gegen sich selbst, jede Schwäche von sich ausscheidend; Peter III. stirbt, Paul stirbt, Konstantin tritt ab, und eine Reihe der ausgezeichnetsten Herrscher tritt auf seit Peter I., z. B. Katharina II., Alexander, Nikolaus. Die Revolution trägt hier eine Krone und ist gegen sich selbst so unerbittlich, wie es das Comité du salut public nur jemals sein konnte.
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Nikolaus ist, sozusagen, ein Erbdiktator. Er zeigt die vollständige Gleichgültigkeit gegen das Herkömmliche, das Verjährte, das Geschichtliche.
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Es war grausam von den Russen, den polnischen Juden das Schubbez zu nehmen – sie brauchten kein Hemd darunter zu tragen, es war so bequem zum Kratzen! – und die Bärte – die Hauptsache war: er selber ging so hinterher! – und die Prajes, die heiligen Schlaflocken, ihren einzigen Stolz!
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Wir sollen uns jetzt auf Rußland stützen, auf den Stock, womit wir einst geprügelt worden!