c) Weltgeld


Mit dem Austritt aus der innern Zirkulationssphäre streift das Geld die dort aufschießenden Lokalformen von Maßstab der Preise, Münze, Scheidemünze und Wertzeichen, wieder ab und fällt in die ursprüngliche Barrenform der edlen Metalle zurück. Im Welthandel entfalten die Waren ihren Wert universell. Ihre selbständige Wertgestalt tritt ihnen daher hier auch gegenüber als Weltgeld. Erst auf dem Weltmarkt funktioniert das Geld in vollem Umfang als die Ware, deren Naturalform zugleich unmittelbar gesellschaftliche Verwirklichungsform der menschlichen Arbeit in abstracto ist. Seine Daseinsweise wird seinem Begriff adäquat.

In der innern Zirkulationssphäre kann nur eine Ware zum Wertmaß und daher als Geld dienen. Auf dem Weltmarkt herrscht doppeltes Wertmaß, Gold und Silber.108)

Das Weltgeld funktioniert als allgemeines Zahlungsmittel, allgemeines Kaufmittel und absolut gesellschaftliche Materiatur des Reichtums überhaupt (universal wealth). Die Funktion als Zahlungsmittel, zur Ausgleichung internationaler Bilanzen, herrscht vor. Daher das Losungswort des Merkantilsystems - Handelsbilanz!109) Zum internationalen Kaufmittel dienen Gold und Silber wesentlich, sooft das herkömmliche Gleichgewicht des Stoffwechsels zwischen verschiednen Nationen plötzlich gestört wird. Endlich als absolut gesellschaftliche Materiatur des Reichtums, wo es sich weder um Kauf noch Zahlung handelt, sondern um Übertragung des Reichtums von einem Land zum andren, und wo diese Übertragung in Warenform entweder durch die Konjunkturen des Warenmarkt oder den zu erfüllenden Zweck selbst ausgeschlossen wird.110)

Wie für seine innere Zirkulation, braucht jedes Land für die Weltmarktszirkulation einen Reservefonds. Die Funktionen der Schätze entspringen also teils aus der Funktion des Geldes als inneres Zirkulations- und Zahlungsmittel, teils aus seiner Funktion als Weltgeld.110a) In der letzteren Rolle ist stets die wirkliche Geldware, leibhaftes Gold und Silber, erheischt, weswegen James Steuart Gold und Silber, im Unterschied von ihren nur lokalen Stellvertretern, ausdrücklich als money of the world charakterisiert.

Die Bewegung des Gold- und Silberstroms ist eine doppelte. Einerseits wälzt er sich von seinen Quellen über den ganzen Weltmarkt, wo er von den verschiednen nationalen Zirkulationssphären in verschiednem Umfang abgefangen wird, um in ihre inneren Umlaufskanäle einzugehn, verschlissene Gold- und Silbermünzen zu ersetzen, das Material von Luxuswaren zu liefern und zu Schätzen zu erstarren.111) Diese erste Bewegung ist vermittelt durch direkten Austausch der in Waren realisierten Nationalarbeiten mit der in edlen Metallen realisierten Arbeit der Gold und Silber produzierenden Länder. Andrerseits laufen Gold und Silber fortwährend hin und her zwischen den verschiednen nationalen Zirkulationssphären, eine Bewegung, die den unaufhörlichen Oszillationen des Wechselkurses folgt.112)

Länder entwickelter bürgerlicher Produktion beschränken die in Bankreservoirs massenhaft konzentrierten Schätze auf das zu ihren spezifischen Funktionen erheischte Minimum.113) Mit gewisser Ausnahme zeigt auffallendes Überfüllen der Schatzreservoirs über ihr Durchschnittsniveau Stockung der Warenzirkulation an oder unterbrochenen Fluß der Warenmetamorphose.114)

 

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108) Daher die Abgeschmacktheit jeder Gesetzgebung, die den Nationalbanken vorschreibt, nur das edle Metall aufzuschatzen, das im Innern des Landes als Geld funktioniert. Die so selbstgeschaffnen "holden Hindernisse" der Bank von England z.B. sind bekannt. Über die großen historischen Epochen des relativen Wertwechsels von Gold und Silber sieh Karl Marx, l.c.p. 136 sq. - Zusatz zur 2. Ausgabe: Sir Robert Peel suchte in seinem Bankact von 1844 dem Mißstand dadurch abzuhelfen, daß er der Bank von England erlaubte, Noten auf Silberbullion auszugeben, so daß jedoch der Silbervorrat nie mehr als ein Viertel des Goldvorrats. Der Silberwert wird dabei geschätzt nach seinem Marktpreis (in Gold) auf dem Londoner Markt. {Zur 4. Auflage. - Wir befinden uns wieder in einer Epoche starken relativen Wertwechsels von Gold und Silber. Vor etwa 25 Jahren war das Wertverhältnis des Goldes zum Silber = 151/2: 1, jetzt ist es ungefähr = 22: 1, und Silber fällt noch fortwährend gegen Gold. Dies ist wesentlich Folge einer Umwälzung in der Produktionsweise beider Metalle. Früher wurde Gold fast nur durch Auswaschen goldhaltiger Alluvialschichten, der Verwitterungsprodukte goldhaltiger Gesteine, gewonnen. Jetzt reicht diese Methode nicht mehr aus und ist in den Hintergrund gedrängt durch die früher nur in zweiter Linie betriebne, obwohl schon den Alten (Diodor, III, 12-14) wohlbekannte Bearbeitung der goldhaltigen Quarzgänge selbst. Andrerseits wurden nicht nur im Westen der amerikanischen Felsengebirge ungeheure neue Silberlager entdeckt, sondern diese und die mexikanischen Silbergruben durch Eisenbahnen erschlossen, die Zufuhr von moderner Maschinerie und von Brennstoff und dadurch Silbergewinnung auf größtem Maßstab und mit geringeren Kosten ermöglicht. Es besteht aber ein großer Unterschied in der Art, wie beide Metalle in den Erzgängen vorkommen. Das Gold ist meist gediegen, aber dafür in winzig kleinen Mengen im Quarz zerstreut; die ganze Gangart muß daher zerstampft und das Gold ausgewaschen, resp. durch Quecksilber ausgezogen werden. Auf 1.000.000 Gramm Quarz kommt dann oft kaum 1-3, sehr selten 30-60 Gramm Gold. Silber kommt selten gediegen, dafür aber in eignen, verhältnismäßig leicht von der Gangart zu trennenden Erzen vor, die meist von 40-90 Prozent Silber enthalten; oder aber es ist in geringeren Mengen enthalten in den an sich schon Bearbeitung lohnenden Erzen von Kupfer, Blei etc. Schon hieraus geht hervor, daß, während die Produktionsarbeit des Goldes sich eher vermehrt, die des Silbers sich entschieden vermindert hat, der Wertfall des letztren sich also ganz natürlich erklärt. Dieser Wertfall würde sich in noch größrem Preisfall ausdrücken, würde nicht der Silberpreis auch jetzt noch durch künstliche Mittel hochgehalten. Die Silberschätze von Amerika sind aber erst zum kleinen Teil zugänglich gemacht, und so ist alle Aussicht vorhanden, daß der Silberwert noch längere Zeit am Sinken bleibt. Hierzu muß noch mehr beitragen die relative Abnahme des Silberbedarfs für Gebrauchs- und Luxusartikel, sein Ersatz durch plättierte Waren, Aluminium etc. Danach ermesse man den Utopismus der bimetallistischen Vorstellung, ein internationaler Zwangskurs werde das Silber auf das alte Wertverhältnis von 1: 151/2 wieder hinaufschrauben. Eher dürfte das Silber auch auf dem Weltmarkt seine Geldqualität mehr und mehr einbüßen. - F. E.}

109) Die Gegner des Merkantilsystems, welches die Saldierung überschüssiger Handelsbilanz durch Gold und Silber als Zweck des Welthandels behandelte, verkannten ihrerseits durchaus die Funktion des Weltgeldes. Wie die falsche Auffassung der Gesetze, welche die Masse der Zirkulationsmittel regeln, sich in der falschen Auffassung der internationalen Bewegung der edlen Metalle nur widerspiegelt, habe ich ausführlich an Ricardo nachgewiesen (l.c.p. 150 sqq.). Sein falsches Dogma: "Eine ungünstige Handelsbilanz kann nie anders als durch als durch eine Überfülle von Zirkulationsmitteln entstehen ... Die Ausfuhr von Münzen ist ihrer Billigkeit geschuldet, und ist nicht die Frage, sondern die Ursache einer ungünstigen Bilanz" findet man daher schon bei Barbon: "Die Handelsbilanz, wenn es eine solche gibt, ist nicht die Ursache dafür, daß das Geld aus einem Lande ausgeführt wird. Die Ausfuhr ergibt sich vielmehr aus dem Wertunterschied der Edelmetalle in jedem Land." (N. Barbon, l.c.p. 59.) MacCulloch in "The Literature of Political Economy: a classified Catalogue", Lond. 1845, belobt Barbon für diese Antizipation, vermeidet aber wohlweislich die naiven Formen, worin bei B. die absurden Voraussetzungen des "currency prindiple" noch erscheinen, auch nur zu erwähnen. Die Kritiklosigkeit und selbst Unehrlichkeit jenes Katalogs gipfeln in den Abschnitten über die Geschichte der Geldtheorie, weil MacCulloch hier als Sykophant des Lord Overstone (ex-banker Loyd), den er "facile princeps argentariorum" nennt, schwanzwedelt.

110) Z.B. bei Subsidien, Geldanleihen zur Kriegführung oder zur Wiederaufnahme der Barzahlungen von Banken usw. kann Wert grade in der Geldform erheischt sein.

110a) Note zur 2. Ausgabe: "Tatsächlich könnte ich mir keinen überzeugenderen Beweis dafür wünschen, daß der Mechanismus der Schatzbildung in Ländern mit Metallwährung imstande ist, jede notwendige Funktion bei Begleichung internationaler Verbindlichkeiten zu erfüllen, und zwar ohne wahrnehmbare Unterstützung durch die allgemeine Zirkulation, als die Leichtigkeit, mit der Frankreich, das erst im Begriffe war, sich von der Erschütterung durch eine zerstörende Invasion zu erholen, in einem Zeitraum von 27 Monaten die Zahlung der ihm auferlegten Kriegsentschädigung von fast 20 Millionen an die verbündeten Mächte leistete, und zwar einen beträchtlichen Teil dieser Summe in Metallgeld, ohne merkbare Einschränkung oder Störung des inländischen Geldumlaufs oder irgendwelche alarmierende Schwankungen seines Wechselkurses." (Fullarton, l.c.p. 141.) {Zur 4. Auflage. - Ein noch schlagenderes Beispiel haben wir in der Leichtigkeit, womit dasselbe Frankreich 1871-1873 in 30 Monaten eine mehr als zehnfach größere Kriegsentschädigung, ebenfalls zum bedeutenden Teil in Metallgeld, abzutragen imstande war. - F. E.}

111) "Das Geld verteilt sich auf die Nationen nach ihren Bedürfnissen ... indem es immer durch die Produkte angezogen wird." (Le Trosne, l.c.p. 916.) "Die Minen, die fortwährend Gold und Silber liefern, sind ergiebig genug, um jeder Nation dieses notwendige Quantum zu liefern." (J. Vanderlint, l.c.p. 40.)

112) "Die Wechselkurse steigen und fallen in jeder Woche, sie steigen zu bestimmten Zeiten des Jahres zuungunsten einer Nation in die Höhe und erreichen zu anderen Zeiten die gleiche Höhe zu deren Vorteil." (N. Barbon, l.c.p. 39.)

113) Diese verschiednen Funktionen können in gefährlichen Konflikt geraten, sobald die Funktion eines Konversionsfonds für Banknoten hinzutritt.

114) "Was an Geld mehr vorhanden ist, als für den inländischen Handel unbedingt notwendig, stellt totes Kapital dar, und bringt dem Lande, das es besitzt, keinen Gewinn, außer wenn es selbst exportiert bzw. importiert wird." (John Bellers, "Essays etc.", p. 13.) "Was aber, wenn wir nun zuviel gemünztes Geld haben? Wir können dann das vollwichtigste einschmelzen und es zu prächtigen Tischgerät, zu Gefäßen und Hausrat aus Gold und Silber umarbeiten; oder es als Ware dorthin schicken, wo Bedarf und Nachfrage danach besteht; oder es dort auf Zins ausleihen, wo man einen hohen Zinssatz zahlt." (W. Petty, "Quantulumcunque", p. 39.) "Geld ist nur das Fett des Staatskörpers, weshalb zuviel davon ebenso seine Beweglichkeit behindert, wie zu wenig ihn krank macht ... wie Fett die Bewegung der Muskeln geschmeidig macht, fehlende Nahrungsmittel ersetzt, Unebenheiten ausfüllt und den Körper verschönt, so erleichtert das Geld die Bewegungen des Staates, bringt, wenn Teuerung im Inlande, vom Auslande Lebensmittel herein, begleicht Schuldenrechnungen ... und verschönt das Ganze; allerdings", ironisch abschließend, "ganz besonders die einzelnen Personen, die viel davon haben." (W. Petty, "Political anatomy of Ireland", p. 14, 15.)


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