Der alte Mustapha singt
Ich bin Eunuch und will es ewig bleiben!
Auch meine Enkel sollens grad so treiben.
Ich bin ein Ha- Ha- Haremskind,
Wie so Eunuchen sind,
Wie so Eunuchen sind.
Die Jung-Türkei wird hier nicht reüssieren:
Ich bin bestimmt nicht mehr zu reformieren.
Ich sage vornehm, dass als Oberbey
Ich bei der Harems-Wach- und Schließgesellschaft sei.
Bum Bum!
Ich bin ein Eunuch
Und hier zu Besuch.
Zu Hause, da sang ich Sopran.
Hier klingts wie Tenor –
Wie kommt mir das vor!
Was ist das? Wer hat das getan?
Ich fühl mich verwandelt!
Ich fühl mich verschandelt!
Was ist das? Wer hat das getan?
Vor kurzer Zeit kam ich auf den Gedanken:
Sieh dich mal um im Vaterland der Franken.
Ich las im Zei- Zei- Zeitungsblatt,
Was man in Preußen hat,
Was man in Preußen hat.
Zum Abschied sang ich meinen höchsten Triller
Und ließ im Stich die große Sultansvilla,
Wo es die schönen, dicken Frauen gibt:
Ich war zwar ungefährlich, aber doch beliebt.
Bum bum!
Ich bin ein Eunuch
Und hier zu Besuch.
Zu Hause, da sang ich Sopran.
Hier klingts wie Tenor –
Wie kommt mir das vor!
Was ist das? Wer hat das getan?
Ich fühl mich verwandelt!
Ich fühl mich verschandelt!
Was ist das? Wer hat das getan?
Ich habs entdeckt: im Land der Klassenwähler
Fall ich nicht auf durch meinen kleinen Fehler.
Der Mann der Po- Po- Politik
Macht hier Sopranmusik,
Macht hier Sopranmusik.
Jedweden Bürger könnt der Harem hegen:
Er ist genau so sanft wie die Kollegen.
Wer merkt denn hier zu Lande mein Falsett?
Ich mach mich wirkungsvoll und wieder ganz komplett.
Bum bum!
Ich bin ein Eunuch
Und hier zu Besuch.
Zu Hause, da sang ich Sopran
Hier klingts wie Tenor –
Wie kommt mir das vor!
Ich fühl mich noch einmal als Mann!
Eunuchen, Eunuchen,
Hier sollt ihr mich suchen!
Ich fühl mich noch einmal als Mann!
Die Schaubühne, 14.05.1914, Nr. 20, S. 565.