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Die Besetzung

Es haben die deutschen Filmdirektoren
noch niemals die Schnur ihres Handelns verloren;
drum merke sich jeder junge Adept
das folgende Besetzungsrezept:
Wenn du elegant brauchst,
nimm Paul Otto;
wenn du brutal brauchst,
nimm Homolka;
wenn du Seelchen brauchst,
nimm die Bergner;
wenn du berlinisch brauchst,
nimm Graetz;
wenn du dämonisch brauchst,
nimm Veidt;
wenn du gar nichts brauchst,
nimm Liedtke –
Spezialisten für Tränen, Spezialisten fürs Lachen.
Und nie darf einer was andres machen
als das, womit er schon einmal gewirkt.
Die Ressorts sind säuberlich abgezirkt:
Nummer IV, Nummer III, Nummer II, Nummer I –
jeder seins.

Dies Verfahren erscheint mir aber – das seh ich –
auch auf andere Gebiete ausdehnungsfähig.
Man kann, um seine Geschäfte zu stärken,
sich folgende Dienstanweisung merken:
Wenn du Heereslieferungen brauchst,
schwenk Fahnen;
wenn du ein Mädchen brauchst,
nimm Seele;
wenn du Steuern brauchst,
sag: Frankreich;
wenn du junge Aktien brauchst,
sag: Wirtschaft;
wenn du Rührung brauchst,
nimm 's Mutterl …
wenn du Rache brauchst,
nimm einen Richter –
So hast du für alle Lagen des Lebens
stets etwas parat und kämpfst nie vergebens.
Der Mittel sind viele in den Kulissen …
man muß sie nur anzuwenden wissen.
Nummer IV, Nummer III, Nummer II, Nummer I –:
jeder seins.

Theobald Tiger
Die Weltbühne, 19.11.1929, Nr. 47, S. 777.