[Gott als das allgemeine Wesen]
Es ist also nun wohl das Verhältnis so bestimmt, dass Gott das allgemeine Wesen ist, aber noch weder wie, noch infolge welcher Notwendigkeit er es ist. Was nun das Wie betrifft, so versteht sich außer dem schon Gesagten, dass Gott das All der Möglichkeit ewiger Weise, also vor allem Tun, daher auch vor allem Wollen ist. Und doch ist nicht Er selbst dieses All. In ihm selbst ist kein Was, er ist das reine Daß — actus purus. Aber um so mehr, wenn in ihm selbst kein Was und nichts Allgemeines ist, durch welche Notwendigkeit geschieht es, dass was selbst oder in sich ohne alles Was ist, dass dieses das allgemeine Wesen, das alles begreifende Was ist?
Es kann nichts helfen zu sagen: vom bloß Individuellen ohne das Allgemeine würde es keine Wissenschaft geben. Hê epistêmê tou katholon. Denn warum eben soll Wissenschaft sein? und nimmer kann die Möglichkeit unsres Wissens die Ursache davon sein, dass der, in welchem schlechterdings nichts Allgemeines, und der eben dadurch über alles, was wir sonst Einzelnes nennen, weit erhaben ist (denn dieses trägt immer noch sehr viel Allgemeines in sich) — dass dieser, welcher das absolute Einzelwesen ist, das allgemeine Wesen ist. Da er es nicht wollend, und auch nicht infolge seines Wesens oder Selbstes ist — denn dieses, als das Absonderlichste (to malista chôriston), d.h. als Individuellste, ist es vielmehr das, aus dem nichts Allgemeines folgen kann —, so kann er das Alles Begreifende nur sein infolge einer über ihn selbst hinausreichenden Notwendigkeit. Aber welcher Notwendigkeit? Versuchen wir es auf diese Weise. Sagen wir, diese Notwendigkeit sei die des Einsseins von Denken und Sein — diese sei das höchste Gesetz, und dessen Sinn dieser, dass was immer Ist auch ein Verhältnis zum Begriff haben muß, was Nichts ist, d.h. was kein Verhältnis zum Denken hat, auch nicht wahrhaft Ist.