Friedrich Wilhelm Joseph Schelling
(1775-1854)
Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph (von), geb. 27. Januar 1775 in Leonberg (Württemberg) als Sohn eines Geistlichen, war 1790 Student im theologischen Seminar zu Tübingen, wo er mit Hölderlin und Hegel Freundschaft schloß und mit ihnen Plato, Leibniz und Kant studierte. 1792 promovierte er mit einer lateinischen Abhandlung über den Ursprung des Bösen in der Menschenwelt. Von 1794 an betätigte sich Schelling schriftstellerisch auf philosophischem Gebiete. In Leipzig, wo er Hofmeister zweier junger Edelleute war, studierte er (1796-97) auch Naturwissenschaft und Mathematik. 1798 erhielt er durch Goethes Vermittlung eine Professur in Jena. Hier verkehrte er mit Goethe, Schiller, Fichte, ferner mit den Romantikern (A. W. Schlegel u. a.), von denen er beeinflußt wurde und die er selbst beeinflußte. 1803 ging Schelling als Professor nach Würzburg. 1806 nach München, wo er Mitglied der Akademie und Direktor der Kunstakademie wurde. 1820-26 dozierte er in Erlangen, 1827 wurde er Professor an der neuen Münchener Universität. Seit 1813 hatte Schelling fast nichts mehr geschrieben,während er vorher viel veröffentlicht hatte; eine Wandlung vollzog sich in ihm. 1841 berief ihn Friedrich Wilhelm IV. als Professor nach Berlin, wo er den Hegelianismus durch eine christliche Philosophie beseitigen sollte. Aber der Erfolg, den Schelling früher gehabt hatte, blieb nun aus, die »positive« Philosophie Schellings fand keine rechte Beachtung. Dies und ein zu seinen Ungunsten ausgefallener Prozeß mit dem Theologen Paulus bewog Schelling zum Rücktritte von der Lehrtätigkeit. Am 20. Dezember 1854 starb Schelling im Bade Ragaz (Schweiz).
Schelling, der schon als Knabe eine große Begabung zeigte, war eine künstlerisch-religiös, spekulativ veranlagte Natur, voll Phantasie, verbunden mit oft außerordentlicher Gestaltungskraft, die sich vielfach in einer schönen Schreibweise Ausdruck verschafft. Was ihm aber fehlte, war die Fähigkeit des strengen und straffen, zähen, systematischen Denkens. Er war für Anregungen sehr empfänglich, ließ sich durch Ideen leicht enthusiasmieren, und machte, unter dem Einflüsse fremder Gedankenelemente, immer wieder Ansätze zur Neugestaltung seiner Anschauungen. So lassen sich bei ihm mehrere (etwa vier) Perioden unterscheiden, in welchen er sich zunächst von Kant und Fichte, dann auch von Herder, Goethe, Spinoza, Leibniz, Bruno, von Plato, Plotin, J. Böhme, von verschiedenen Theosophen (darunter Baader), auch von der Gnostik und Scholastik (auch zum Teil in der Methode der Darstellung) beeinflussen ließ. Stete verriet Schelling eine große Kühnheit des Denkens und der Phantasie, der spekulativen Anschauung und Konstruktion, die neben vielem Abstrusem und Wirrem viele originelle und dabei fruchtbare Elemente birgt. Nachdem der Aufschwung der empirisch-realistischen Denkweise lange Zeit die Schellingsche Philosophie ganz zurückgedrängt hatte, kommt man heute wieder öfters auf Schelling zurück.