Identitätsphilosophie
Den Standpunkt der Identitätsphilosophie formuliert besonders die »Darstellung meines Systems« (1801). Das Absolute, die »absolute Vernunft«, in der wir alles erkennen, wie es an sich ist, die in allem eins und identisch ist, der gemeinsame Grund von Natur und Geist, ist an sich die »Indifferenz« von Subjekt und Objekt, Ideellem und Reellem, das, was zu beiden Gegensätzen die Möglichkeit hat, an sich aber über allen Gegensatz und Unterschied erhaben ist. Das Absolute ist die lebendige Identität des Subjektiven und Objektiven, »eine Identität«, das »gleiche Wesen des Subjektiven und Objektiven«. Gott und das Universum sind nur verschiedene Ansichten eines und desselben; Gott ist das Universum von der Seite der Identität betrachtet, er ist alles, weil er das allein Reale ist. Alles, sofern es wahrhaft ist, ist das Absolute, die absolute Identität. Das Einzelne, Endliche hat als solches kein wahres Sein; alles ist die Unendlichkeit selbst, ist in seiner Art unendlich. Das Absolute tritt in zwei »Pole« (Subjekt - Objekt, Ideelles und Reelles) auseinander, so aber, daß auf den verschiedenen Seinsstufen der eine oder der andere Pol überwiegt. Die verschiedenen Seinsstufen nennt Schelling Potenzen, die im Absoluten alle zugleich sind. Sie sind bestimmte quantitative Differenzen der Subjektivität und Objektivität. Es gibt Natur- und Geistes-Potenzen. Die erste Naturpotenz (A) ist die Schwere, die zweite (A2) das Licht, die dritte (A3) der Organismus. Die Materie ist ein unendlicher »Magnet«. Die Wärme ist eine Form des Lichts. Der chemische Prozeß ist identisch mit dem Galvanismus. Die Qualitäten der Materie sind Potenzen der Kohäsion. In den Organismen besteht keine besondere »Lebenskraft«.
In »Bruno« (1803) betont Schelling das Zusammenfallen der Gegensätze in der absoluten Einheit, aus der alles hervorgeht und in die alles zurückkehrt. Von diesem zeitlosen Sein im Absoluten sondern sich die Dinge ab, der Raum ist (wie nach Plato) das ruhende Bild der Ewigkeit, die Zeit ein bewegtes, fließendes Bild des unendlichen Denkens. Die Seele ist die Potenz dessen, was im Leibe verwirklicht ist, der »unmittelbare Begriff des Leibes«. Seele und Leib sind der zweifache Gedanke derselben Wesenheit (Identitätsstandpunkt). Den Momenten des Psychischen entsprechen solche des Physischen, zwischen ihnen, die ja nur »ideell« entgegengesetzt ist, besteht ein Parallelismus, eine Harmonie, wie auch allem Subjektiven ein Objektives in der Natur entspricht.