Beim Anblick eines sonderbaren Plakates
Seht dies Plakat, das Mozarts Requiem anzeigt.
Täuscht mich mein Auge nicht — so ist’s ein Mörser!
Ein Kirchenfenster ist es nicht; seit Mörser
beschäftigt sind, gibt’s keine Kirchenfenster.
Zur Aufführung paßt wohl das Kirchenfenster;
dem Zweck, dem das Erträgnis zugedacht ist,
dem wohltätigen Zweck dient wohl der Mörser.
Das Ornament hat hier genug Verstand,
zwei Deutungen zur Auswahl zuzulassen:
die fromme für den wahrhaft frommen Zweck
und für den Zweck, dem jedes Mittel heilig,
die aktuelle. Ich entscheide mich
für die. Kein Zweifel, jene ist ein Vorwand,
die Wahrheit diese nur. Kein Gegenstand,
der nicht die Form des Mörsers heute hat.
Bonbonnieren, Hüte, Sammelbüchsen,
alles ist Mörser. Heute trägt man nur
den Mörser und sogar das liebe Leben
geht wie ein Mörser auf das Leben los,
auf alle Schöpfung, auf den Schöpfer selbst.
Kein Zweifel, dies Plakat, es ist ein Mörser!
Mozart und Mörser! Wer hat diese Welten
vereinigt, wer hat es vermocht, wer rühmt sich?
»Zu haben beim Buchhändler Hugo Heller.«
Der Händler, gleich entfernt von beiden scheinbar,
dem Mörser näher. Seht, er trifft’s; er macht’s.
Oh wendet euch nicht ab, ertragt den Anblick,
die Zeit ist schwer, doch groß; drum haltet durch!
Freut euch, daß einer für den lieben Gott
endlich die richtige Aufmachung besorgt hat.
Nein, keine Thränen! Noch hat die Kultur
ja Aussicht. Bei den Zulunegern, die
der Feind uns und Europens edler Sitte
zu schicken wagte, wäre es unmöglich,
wär’ die Vermischung, wär’ die Barbarei,
wär’ solcher Gottbetrug ein Ding des Abscheus.
Sie weinten zu der himmlischen Musik
und glaubten immer noch, es sei von Mozart,
nicht von dem Mörser, nicht von dem und jenem,
von beiden nicht, weil das unmöglich sei,
weil nur der Teufel diese List erfand,
den Himmel mit der Hölle anzuschwärzen,
weil Mozart schweigt, sobald ein Mörser singt,
kein Mörser schweigt, wenn Mozart wird gesungen,
und weinten zu dem Requiem Europas,
und glaubten immer noch, es sei von Mozart.