Gesetz und Notwendigkeit
Regnaud, der zu allen Theorien über den Ursprung der Sprache gläubig eine neue hinzugefügt hat, sagt einmal, als ob es ein lichtvoller Ausspruch wäre: "Tout se tient dans les mots comme tout se tient dans la nature." Die Bemerkung ist ganz richtig. Nur dass wir mit ihr nichts anzufangen wissen. Alles auf der Welt steht miteinander in Zusammenhang. Dass ich in diesem Augenblicke den letzten Vokal des Wortes "Augenblicke" so und so ausspreche, das ist so absolut notwendig und von einer Unzahl verketteter Ursachen so unbedingt abhängig, wie dass in diesem selben Augenblicke auf diesem in der Schweiz vor dreihundert Jahren gedruckten und wer weiß wo gebundenen Exemplar des Aristoteles gerade dieses mikroskopische Stäubchen niederfällt, in dieser meiner aus diesen Ziegelsteinen hergestellten Stube, dass dieses Stäubchen in diesem Augenblicke von der Sonne bestrahlt wird und dass dazu der Wind so und so bläst. Sicherlich fällt kein Sonnenstäubchen auf eines meiner Bücher ohne die Ursächlichkeit, die wir Notwendigkeit nennen; sicherlich verketten sich die näheren und weiteren Ursachen in einer Weise, die sich gesetzlich auflösen ließe. Und es widerspricht auch nicht unseren Denkgewohnheiten, diese ungeheuerliche Verkettung von Ursachen wieder in eine einzige Ursache zurückzuphantasieren, die endlose Verkettung der Naturerscheinungen in eine meinetwegen von Gott ursprünglich eingesetzte Anziehung der Moleküle, den bunt verketteten Bedeutungswandel zurückzuphantasieren in eine einzige letzte meinetwegen unartikulierte Wurzel. Nur darf man nicht glauben, dass diese Überzeugung, dass dieser urmenschliche Glaube an eine ursächliche Verkettung irgendwie dazu beitragen könne, die Ketten zu lösen, die Ursachen aufzulösen. Seit jeher fielen die Steine auf die Erde und hafteten die Menschen an der Erde, ohne es Schwerkraft zu nennen; sie haben die Schwerkraft nicht aufgehoben, weil sie sie benannt haben. Wieder sind wir einmal, wie so oft, an der Grenze unseres Denkens da angekommen, wo wir erkennen, dass wir im Denken die Narren der Sprache sind. Es ist ein gleichgültiger Nebenumstand, dass dies durch die Sprache genarrte Denken die Sprache selbst betrifft. Der menschliche Begriff der Ursache ist der Götterbildner im Menschen.
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