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Grammatik

Wird die Stoffkenntnis fremder Sprachen durch solche Mitarbeiter in schlimmster Weise verfälscht, so ist die Grammatik fremder und entlegener Sprachen noch anderen Gefahren ausgesetzt. Früher, als man die technischen Ausdrücke der lateinischen Grammatik einfach auf Kategorien übertrug, die mit denen des Lateinischen gar keine Ähnlichkeit hatten, hätte man das Wesen dieser Schwierigkeit einfach nicht verstanden. Die neueren Sprachforscher kennen die Schwierigkeit, aber gelöst haben sie sie nicht. Man hat die Formausdrücke der lateinischen Grammatik reich vermehrt; man hat für die Wortbildung die Sandhigesetze und das Dvandva aus dem Sanskrit geholt, man hat aus allen möglichen Idiomen neue Kasusbezeichnungen des Nomens und neue Modusbezeichnungen des Verbums herangezogen; immer wieder aber steht man mit den fertigen Formen der flektierenden Sprachen den flüssigen Kategorien der unflektierten hilflos gegenüber. So wird es immer wahr bleiben, daß die Grammatik einer Sprache nur in dieser Sprache selbst geschrieben werden kann; so daß also der Wert der Grammatik schließlich mit dem Wert der Sprache selbst zusammenfällt. Die Worte haben nur für denjenigen einen Sinn, der ihren Vorstellungsinhalt schon besitzt; und ebenso ist die Grammatik einer Sprache nur für denjenigen ganz verständlich, der ihrer nicht bedarf, weil er die Sprache versteht. Was man gewöhnlich Grammatik einer fremden Sprache nennt, ist — für uns und mit uns gleich Denkende — wie ein Versuch, sich mit Hilfe einer Karte von Tirol im Himalaya zurechtzufinden. Es wird ja manches stimmen. Die Flüsse werden bergab laufen und die Wege werden häufig dem Lauf der Flüsse folgen; wer das aber erraten hat, der bedarf in Asien nicht der Karte von Tirol.