Arbeit tut not –!
Es raucht der Schlot. Sirene gellt.
Arbeit tobt durch die deutsche Welt:
Noch mehr Tender –!
Graumorgens taumelt, lungenkrank,
der Mann aus seinem Menschenschrank.
Die Pfeife hetzt zum Eingangstor,
Kontrolluhr, Wächter und Hund davor …
Noch mehr Tender! Noch mehr Automobile!
Der Stumpfsinn treibt die Transmission.
Wir haben auch einen Leitspruch schon:
Arbeit tut not!
Die Fräser surren,
Hämmer hämmern, die Sägen schnurren …
Noch mehr Tender! Noch mehr Automobile!
Noch mehr Zangen! Noch mehr Spatenstiele!
Grau stickt Büroluft alle Lungen.
Hier hockt die Jugend; hier sitzen die Jungen.
Rabatte gellen durchs Telefon –
es klappert Underwood und Cohn:
Noch mehr Tender! Noch mehr Automobile!
Noch mehr Zangen! Noch mehr Spatenstiele!
Noch mehr Aktien! Noch mehr Industrie!
Und alles made in Germany!
Waren! An Waren profitieren!
Waren sinnlos produzieren!
Will einer sie haben? Kann einer kaufen?
Unser Land soll in Waren versaufen!
Klopfen, hämmern, schneiden und weben –
eine Kleinigkeit fehlt: das Leben.
Kleben, kochen, färben und braten –
Kinder, macht Kinder! der Staat braucht Soldaten!
Sind die Gräben einst voll, sinds die Gräber auch –
das ist des Landes so der Brauch.
Produziert Kinder! Unentwegt!
Sie werden euch später in Kalk gelegt.
Das ist Wirtschaftspolitik.
Und es bläst die Militärmusik:
Noch mehr Granaten! Noch mehr Automobile!
Noch mehr Kinder! Noch mehr Spatenstiele!
Noch mehr Bleche! Noch mehr Krane!
Noch mehr Werften! Noch mehr Vulkane!
In die Welt gepreßt bis zum Börsensieg –
Und wenn sie nicht wollen, macht Deutschland Krieg!
Wer wird uns den rasenden Kaufmann bezwingen –?
Arbeit tut not:
Die Masse wirds bringen.
Die Weltbühne, 10.02.1925, Nr. 6, S. 215.