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Die Morgenpost

Was bringt mir morgens so die Post?
Da liegt ein kleines Häuflein Briefe –
ich tue noch, als ob ich schliefe
und dreh mich brummelnd wieder um …
Noch nicht, du Tag! Noch kein Spektakulum!
Es tickt die Uhr. Da kommts aus West und Ost …
Was bringt mir morgens so die Post?

Ganz oben liegt ein großes Dings.
Ich öffne. »Bürger!« muß ich lesen,
»Sie sind doch auch Soldat gewesen!
Einwohnerwehr! Schützt euer Haus!«
Ach, Spiegelberg, so siehst du aus!
Mein kleiner Tisch – er wackelt links –
ich stütz ihn nachher mit dem Dings.

Ein blaues Brieflein. Zarte Hand …
O Minnie, ist es dir gelungen?
Verlobt? So fingst du dir den Jungen?
Mein Segen ruht auf diesem Paar.
Ich sage nichts von dem, was war.
Wie schön ist Hymenaios Band
(für andre). Liebe zarte Hand …

Da nahts. Der Aufdruck so vertraut –
»Ich habe«, schreibt S. J., »gebeten
um ein Gedicht – Sie schickens nie!
Gebt ihr euch einmal für Poeten,
so kommandiert die Poesie!«
Und kommandiere ich auch noch so laut:
Die Muse ist doch schließlich keine Braut!

Ein Schreiben noch. Im Eifer des Gefechts
fiels auf den Boden. Viele Listen.
Verein der Antibolschewisten …
Nun steh ich auf. Ich weiß Bescheid:
Nach jener winzigen, großen Zeit
sei dies der Wahrspruch des Geschlechts:
Der Feind steht rechts! Der Feind steht rechts!

Kaspar Hauser
Die Weltbühne, 27.11.1919, Nr. 49, S. 674.