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Jubiläum

Seid ihr alle noch da –?
Ja –?

Immer dieselben Offiziere,
dieselben Verschwörungs-Kavaliere,
unfähig, etwas Gescheites zu werden,
ewige, ewige Landsknechte auf Erden;
dieselbe Wichtigkeit mit ßKurierenß,
derselbe Rummel im Organisieren …
Denn im Felde das Saufen … das gute Essen …
das können die Herren nun mal nicht vergessen.
Immer noch Ansprachen mit Hurra …

Seid ihr auch alle da –?
Ja–?

Ihr habt so viel Geld. Von Köln bis Berlin
spenden die notleidenden Industrien;
und es spendet auch voller Saft und Kraft
die arme, notleidende Landwirtschaft.
Und mit diesem Geld ist es euch gelungen:
ihr habt auch scharenweise die Jungen.
Und was für Jugend!
Die muß man sehen,
die Uniformen, die mit euch gehen:
Eine verbrüllte, verhetzte Masse,
mit der ganzen Sehnsucht zur blonden Rasse,
die nun einmal jeden entflammt,
der aus Promenadenmischungen stammt.
Die Gehirne verkleistert im achtzehnten Jahr,
Deutschland im Maul und Schuppen im Haar …
Abschaum der Bürger vom Belt bis zum Rhein –
Und das soll Deutschlands Zukunft sein –?

Euch stört doch kein republikanisches Schwein?
Nein –?

Die Republikaner sehen in Ruh
euerm klirrenden Getümmel zu.
Kein Staatsanwalt tät ein Wörtlein sagen –
er muß ja die Kommunisten jagen.
Und sie sehen nicht, was in der Reichswehr geschieht …
Es ist immer dasselbe alte Lied:
Der Bürger hofft. Und zieht einen Flunsch.
Und hat im ganzen nur einen Wunsch:
Es soll sich nichts ändern. Die Bahnen solln gehn.
Er will ins Geschäft, um Viertel zehn …
Das ist schon wahr. Das muß man begreifen.
Ihr habt auch schon recht, darauf zu pfeifen.
Ihr vergeßt nur: die Leute eurer Partie
sind genau dieselben Bürger wie die!
Nur lauter. Nur dümmer. Nur mit mehr Geschrei.
Und was gerne prügelt, ist auch dabei.

Seid ihr alle wieder da –?
Ja –?

Na, dann man los! Laßt die Gewehre knallen!
Die Leute werden hungern. Die Währung wird fallen.
Arbeiter werden auf dem Pflaster liegen.
Ihr werdet Waffenlose besiegen …
Sprung auf! Marsch-Marsch!
Auf zum Tag des Gerichts –!
Und gehts schief –:
Ihr riskiert ja weiter nichts.

Theobald Tiger
Die Weltbühne, 18.03.1930, Nr. 12, S. 423.