Zweiter Grundsatz:
Entschlossenheit
Mein zweiter Grundsatz war, in meinen Handlungen so fest und entschlossen wie möglich zu sein und den zweifelhaftesten Ansichten, sobald ich mich einmal dafür entschieden, nicht weniger standhaft zu folgen, als wenn sie ganz sicher gewesen wären, indem ich hierin wie die Reisenden verfuhr, die, wenn sie sich im Walde verirrt finden, nicht bald hierhin, bald dorthin schweifen, noch weniger auf derselben Stelle stehenbleiben, sondern immer so viel wie möglich gerade und nach derselben Richtung fortgehen müssen und diese nicht aus schwachen Rücksichten verändern dürfen, auch wenn es anfänglich vielleicht bloß der Zufall war, der sie bestimmt hat, diese Richtung zu wählen; denn so werden sie, wenn auch nicht, wohin sie wollen, doch wenigstens an irgendein Ziel kommen, wo sie sich wahrscheinlich besser befinden werden als mitten im Walde. Und so ist es, weil die Handlungen des Lebens oft keinen Aufschub dulden, ein richtiger Grundsatz, dass, wenn wir die wahrsten Ansichten nicht deutlich zu erkennen (discerner) vermögen, wir den wahrscheinlichsten folgen und selbst, wenn wir keine größere Wahrscheinlichkeit bei den einen als bei den andern bemerken, wir dennoch für eine uns entscheiden (déterminer) müssen und sie dann, soweit ihre praktische Bedeutung reicht, nicht mehr als zweifelhaft ansehen dürfen, sondern als ganz wahr und sicher, weil so jener Grundsatz ist, der uns zu dieser Entscheidung vermocht hat. Und dadurch habe ich die Fähigkeit gewonnen, mich von aller Reue und allen inneren Vorwürfen zu befreien, welche die Gewissen schwacher und schwankender Gemüter zu beunruhigen pflegen, die sich gehen lassen ohne feste Richtung und die Dinge als gut behandeln, die sie nachher als schlecht beurteilen.