Vierte Szene

Freies Feld.

Trommeln und Fahnen.
Cordelia, ein Arzt, Gefolge, Edelleute und Soldaten treten auf.


CORDELIA.

O Gott, er ist's; man traf ihn eben noch

In Wut, wie das empörte Meer; laut singend,

Bekränzt mit wildem Erdrauch, Windenranken,

Mit Kletten, Schierling, Nesseln, Kuckucksblumen

Und allem müß'gen Unkraut, welches wächst

Im nährenden Weizen. Hundert schickt und mehr;

Durchforscht jedwedes hochbewachsne Feld

Und bringt ihn zu uns! – Was vermag die Kunst,

Ihm herzustellen die beraubten Sinne?

Er, der ihn heilt, nehm' alle meine Schätze!

ARZT.

Es gibt noch Mittel, Fürstin!

Die beste Wärt'rin der Natur ist Ruhe,

Die ihm gebricht; und diese ihm zu schenken,

Vermag manch wirksam Heilkraut, dessen Kraft

Des Wahnsinns Augen schließen wird.

CORDELIA.

All ihr gesegneten, geheimen Wunder,

All ihr verborgnen Kräfte der Natur,

Sprießt auf durch meine Tränen! Lindert, heilt

Des guten Greises Weh! Sucht, sucht nach ihm,

Eh' seine blinde Wut das Leben löst,

Das sich nicht führen kann.

 

Ein Bote tritt auf.

 

BOTE.

Vernehmt, Mylady,

Die brit'sche Macht ist auf dem Zug hieher.

CORDELIA.

Man wußt' es schon; und wir sind vorbereitet,

Sie zu empfangen. Oh, mein teurer Vater,

Für deine Wohlfahrt hab' ich mich gerüstet;

Drum hat der große Frankreich

Mein Trauern, meiner Tränen Flehn erhört.

Nicht luft'ger Ehrgeiz treibt uns zum Gefecht,

Nur brünst'ge Lieb' und unsers Vaters Recht;

Möcht' ich doch bald ihn sehn und ihn vernehmen!

 

Sie gehn ab.

 


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Seite zuletzt aktualisiert: 08.10.2007 
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