Wahre Geschichten von Hunden
Sicher glaubt ihr, ihr kennt den Hund. Ich meine aber, wenn ich euch jetzt die berühmteste Beschreibung des Hundes vorlese, wird es euch genau gehen wie mir, als ich sie kennenlernte. Ich sagte mir nämlich, wenn das Wort Hund oder Hündin in dieser Beschreibung nicht vorkäme, so hätte ich vielleicht nicht erraten, auf was für ein Tier sie geht. So neu und sonderbar sehen die Dinge aus, wenn ein großer Forscher, als sei es vorher noch nie geschehen, den Blick auf sie richtet. Dieser Forscher ist Linne. Derselbe, den ihr alle in der Botanik kennengelernt habt und nach dem die Pflanzen noch heute bestimmt werden. Bei ihm heißt es also vom Hund:
»Frißt Fleisch, Aas, mehlige Pflanzenstoffe, kein Kraut, verdaut Knochen, erbricht sich nach Gras; lost auf einen Stein: Griechisch Weiß, äußerst beizend. Trinkt leckend; wässert seitlich, in guter Gesellschaft oft hundertmal, beriecht des Nächsten After; Nase feucht, wittert vorzüglich; läuft der Quere, geht auf den Zehen; schwitzt sehr wenig, in der Hitze läßt er die Zunge hängen; vor dem Schlafengehen umkreist er die Lagerstätte; hört im Schlafe ziemlich scharf, träumt. Die Hündin ist grausam gegen eifersüchtige Freier; in der Laufzeit treibt sie es mit vielen; sie beißt diese; in der Begattung innig verbunden; trägt neun Wochen, wölft vier bis acht, die Männchen dem Vater, die Weibchen der Mutter ähnlich. Treu über alles; Hausgenosse des Menschen; wedelt beim Nahen des Herrn, läßt ihn nicht schlagen; geht jener, so läuft er voraus, am Kreuzweg sieht er sich um; gelehrig, erforscht Verlorenes, macht nachts die Runde, meldet Nahende, wacht bei Gütern, wehrt das Vieh von den Feldern ab, hält Renntiere zusammen, bewacht Rinder und Schafe vor wilden Tieren, hält Löwen im Schach, treibt das Wild auf, stellt Enten, schleicht im Sprunge an das Netz, bringt das vom Jäger Erlegte, ohne zu naschen, zieht in Frankreich den Bratspieß, in Sibirien den Wagen. Bettelt bei Tische; hat er gestohlen, kneift er ängstlich den Schwanz ein; frißt gierig. Zu Hause Herr unter den Seinigen. Feind der Bettler, greift ungereizt Unbekannte an. Mit Lecken heilt er Wunden, Gicht und Krebs. Heult zur Musik, beißt in einen vorgeworfenen Stein; bei nahem Gewitter unwohl und übelriechend. Hat seine Not mit dem Bandwurm. Verbreitung der Tollwut. Wird zuletzt blind und benagt sich selbst.«
Soweit Linné. Nach solcher Beschreibung kommen einem doch die meisten Geschichten, die tagaus, tagein von Hunden erzählt werden, ein bißchen langweilig und gewöhnlich vor. Jedenfalls können sie es an Seltsamkeit und Einprägsamkeit mit dieser Schilderung nicht aufnehmen; und am allerwenigsten können daneben sich die meisten von den Geschichten hören lassen, mit denen die Leute die Klugheit der Hunde beweisen wollen. Ist es nicht überhaupt eher eine Beleidigung für die Hunde, von ihnen immer nur Geschichten zu erzählen, die etwas beweisen wollen? Sind sie denn nur als Gattung interessant? Und hat nicht vielmehr jeder einzelne sein eigenes, sonderbares Wesen?
»Kein einziger Hund ist dem anderen körperlich oder geistig gleich. Jeder hat eigene Arten und Unarten. Oft sind sie die ärgsten Gegensätze, so daß die Hundebesitzer an ihren Hunden einen unersetzlichen Stoff zu gesellschaftlichen Gesprächen haben. Jeder hat einen noch gescheitern! Doch erzählt etwa einer von seinem Hunde hundsdumme Streiche, dann ist jeder Hund ein großer Stoff zu einer Charakteristik, und wenn er ein merkwürdiges Schicksal erlebt, zu einer Lebensbeschreibung. Selbst in seinem Sterben kommen Eigenheiten vor.«
Von solchen Eigenheiten wollen wir nun gleich einige hören. Gewiß ist es ja auch bei den anderen Tieren so, daß jedes einzelne viel Merkwürdiges für sich allein hat, das sich genau gleich in der ganzen Gattung nicht wiederfindet. Aber so deutlich und so vielfältig wie beim Hunde kann der Mensch diese Wahrnehmung nirgends machen, weil er mit keinem andern – es sei denn vielleicht dem Pferd – sich gleich eng verbunden hat. Am Anfang von alledem steht das eine: der große Sieg, den der Mensch vor Jahrtausenden über den Hund davontrug; oder richtiger gesagt über Wolf und Schakal. Denn indem diese in seine Botmäßigkeit gerieten und sich von ihm zähmen ließen, entwickelten sich aus ihnen die ersten Hunde. Man darf freilich bei diesen ältesten Hunden, die gegen Ende der Steinzeit auftraten, nicht an unsere heutigen Haus- und Jagdhunde denken, vielmehr nur an die halbwilden Hunde der Eskimos, die monatelang ihre Nahrung ausschließlich sich selber suchen und in jeder Hinsicht dem arktischen Wolf gleichen; oder nur an die furchtsamen, tückischen und bissigen Hunde der Kamtschadalen, die nach dem Bericht eines Reisenden nicht die geringste Liebe und Treue zu ihrem Herrn haben, sondern ihn allezeit umzubringen suchen. Von solcher Art muß anfangs der menschliche Haushund gewesen sein. – Schlimm genug, daß später durch Züchtung in manchen Fällen die Hunde, und vor allem die Doggen, sich wieder zu der alten Wildheit zurück entwickelten, ja, in ihrem Blutdurst schrecklicher wurden, als sie es im Urzustand waren. Hier die Geschichte des berühmtesten unter den Bluthunden, des sogenannten Bezerillo. Diesen hatten die Spanier von Fernando Cortez bei ihrer Eroberung Mexikos vorgefunden und in der abscheulichsten Weise abgerichtet.
»Einen mexikanischen Bullenbeißer benutzte man in früheren Zeiten in der scheußlichsten Weise. Man richtete ihn ab, Menschen einzufangen, niederzuwerfen oder sogar umzubringen. Schon bei der Eroberung von Mexiko wandten die Spanier derartige Hunde gegen die Indianer an, und einer von ihnen, namens Bezerillo, ist berühmt oder berüchtigt geworden. Ob er zu der eigentlichen Kubadogge gehört hat, welche man als einen Bastard von Bullenbeißer und Bluthund ansieht, ist nicht mehr zu bestimmen. Er wird beschrieben als mittelgroß, von Farbe rot, nur um die Schnauze bis zu den Augen schwarz. Seine Kühnheit und Klugheit waren gleich außerordentlich. Er genoß unter allen Hunden einen hohen Rang und erhielt doppelt soviel Fressen wie die übrigen. Beim Angriffe pflegte er sich in die dichtesten Haufen der Indianer zu stürzen, diese beim Arme zu fassen und sie so gefangen wegzuführen. Gehorchten sie, so tat der Hund ihnen weiter nichts, weigerten sie sich aber, mit ihm zu gehen, so riß er sie augenblicklich zu Boden und erwürgte sie. Indianer, die sich unterworfen hatten, wußte er genau von den Feinden zu unterscheiden und berührte sie nie. So grausam und wütend er auch war, bisweilen zeigte er sich doch viel menschlicher als seine Herren. Eines Morgens, so wird erzählt, wollte sich der Hauptmann Jagn de Senadza den grausamen Spaß machen, von Bezerillo eine alte gefangene Indianerin zerreißen zu lassen. Er gab ihr ein Stückchen Papier mit dem Auftrage, den Brief zu dem Statthalter der Insel zu tragen, in der Voraussetzung, daß der Hund, der nach dem Abgehen der Alten gleich losgelassen werden sollte, die alte Frau ergreifen und zerreißen werde. Als die arme schwache Indianerin den wütenden Hund auf sich losstürzen sah, setzte sie sich schreckerfüllt auf die Erde und bat ihn mit rührenden Worten, ihrer zu schonen. Dabei zeigte sie ihm das Papier vor und versicherte ihm, daß sie es zum Befehlshaber bringen und ihren Auftrag erfüllen müsse. Der wütende Hund stutzte bei diesen Worten, und nach kurzer Überlegung näherte er sich liebkosend der Alten. Dieses Ereignis erfüllte die Spanier mit Erstaunen und erschien ihnen als übernatürlich und geheimnisvoll. Wahrscheinlich deshalb wurde auch die alte Indianerin von dem Statthalter freigelassen. Bezerillo endete sein Leben in einem Gefechte gegen die Karaiben, welche ihn durch einen vergifteten Pfeil erlegten. Daß solche Hunde den unglücklichen Indianern als vierbeinige Gehilfen der zweibeinigen Teufel erscheinen mußten, ist leicht zu begreifen.«
Von einer Doggenart, die sich in Rudeln wild auf Madagaskar herumtreibt, wird folgende merkwürdige Geschichte erzählt:»Auf der Insel Madagaskar treiben sich große Scharen von Hunden wild umher. Ihr erbittertster Feind ist der Kaiman, von dem sie sehr häufig verschlungen wurden, wenn sie von Ufer zu Ufer schwammen. In jahrelangem Kampfe gegen das Untier haben die Hunde einen Trick erfunden, dessen Anwendung es ihnen ermöglicht, dem Rachen des Kaimans fernzubleiben. Sie sammeln sich, bevor sie ihre Schwimmtour unternehmen wollen, in großen Mengen am Ufer und erheben ein lautes Gebell. Dadurch angelockt, tauchen alle in der Nähe befindlichen Alligatoren mit ihren riesigen Köpfen aus dem Wasser an den Stellen auf, wo die Meute steht. In diesem Augenblick galoppieren die Hunde eine Strecke am Ufer weiter und durchschwimmen dann ungefährdet das Wasser, weil die schwerfälligen Alligatoren ihnen so schnell nicht zu folgen vermögen. Interessant ist es auch, zu beobachten, daß Hunde, die durch Einwanderer fremd nach der Insel kamen, dem Kaiman zum Opfer fielen, deren Nachkommen sich aber später durch den Trick der eingeborenen Hunde ebenfalls vor dem sichern Tode retten.«
So wissen die Hunde sich selbst zu helfen. Aber wie hilfreich sind nicht die Hunde auch im großen dem Menschen gewesen. Ich denke an die uralten menschlichen Verrichtungen, die Jagd, die Nachtwache, die Wanderung, den Krieg, in denen allen der Hund in den verschiedensten Epochen der Geschichte und den entlegensten Ländern der Erde mit den Menschen zusammenwirkt. So unterhielten manche der alten Völker, wie z.B. die Kolophonier, ihrer Kriege wegen große Hundeherden. In allen ihren Schlachten griffen die Hunde zuerst an. Aber nicht nur an die Heldenrolle der Hunde in der Geschichte denke ich, sondern genauso an die Gesellschaft oder die Hilfe, die sie dem Menschen in den tausend Dingen des täglichen Lebens leisten. Da fände man mit Geschichten kein Ende. Ich erzähle nur drei ganz kleine vom Stiefelhund, dem Kutschenpudel und dem Totenhund.
»Beim Pont-Neuf in Paris war ein kleiner Stiefelputzer, der eine Pudelhündin dressiert hatte, ihre dicken haarigen Pfoten ins Wasser zu tauchen und sie dann auf die Füße der Vorübergehenden zu legen. Schrien dann die Leute, so präsentierte sich der Stiefelputzer und erlangte auf diese Weise gesteigerte Einnahmen. Solange er mit jemand beschäftigt war, verhielt sich der Hund ruhig, wurde aber der Schemel frei, so ging die Geschichte von neuem an.«
»Brehm erzählt, er habe einen Pudel gekannt, welcher durch seine Verständigkeit viel Vergnügen machte. Er war auf alles Mögliche abgerichtet und verstand sozusagen jedes Wort. Sein Herr konnte ihn zum Beispiel nach mancherlei Dingen aussenden, er brachte sie gewiß. Sagte er: ›Geh, hole eine Kutsche!‹ so lief er auf den Warteplatz der Lohnfuhrwerke, sprang in einen Wagen hinein, und bellte so lange, bis der Kutscher Anstalt machte, fortzufahren; fuhr er nicht richtig, so begann der Hund von neuem zu bellen und unter Umständen lief er wohl auch vor dem Wagen her, bis vor die Tür seines Herrn.«
»Ein englisches Blatt erzählt: In Campbelltown in der Provinz Argyllshire wird mit sehr wenigen Ausnahmen jeder Leichenzug, der seinen Weg von der Kirche zum Friedhof nimmt, von einem stillen Leidträger in Gestalt eines großen, schwarzen Hundes begleitet. Immer nimmt er seinen Platz neben den, dem Sarge zunächst folgenden Personen und gibt dem Kondukt das Geleite bis zum Grabe. Dort angelangt, verweilt er noch, bis die letzten Worte der Grabrede verhallt sind, wendet sich dann gravitätisch um und verläßt langsamen Schrittes den Gottesacker. Dieser merkwürdige Hund scheint instinktiv zu wissen, wann und wo ein Leichenbegängnis stattfinden wird, denn immer taucht er im rechten Augenblicke auf, und da er schon seit Jahren dieser selbst gewählten Pflicht obliegt, so wird seine Gegenwart als etwas ganz Selbstverständliches erachtet; es würde sogar auffallen, wenn er nicht mitginge. Anfangs wurde der Hund vom offenen Grabe, wo er sich aufstellte, immer verjagt, aber trotzdem gesellte er sich immer wieder bei nächster Gelegenheit zu den Trauernden. Schließlich gab man den Versuch auf, den stillen Beileidträger zu verscheuchen und seither nimmt er an jedem Trauerzuge offiziell teil. Der merkwürdigste Fall war aber der, daß der Trauerhund, als ein Separatdampfer mit einer Leiche und den Trauergästen im Hafen einlief, richtig am Landungsplatze sich als Wartender einfand und den Trauerzug in gewohnter Weise auf den Friedhof hinaus begleitete.«
Wißt ihr übrigens, daß es ein Lexikon der berühmten Hunde gibt? Es ist von einem Mann gemacht worden, der sich auch sonst mit den schrulligsten Sachen befaßt hat, z.B. ein Lexikon berühmter Schuhmacher hat er verfaßt, ein ganzes Buch mit dem Titel »Die Suppe« und ähnliche recht ausgefallene Schriftchen. Das Hundebuch ist ganz nützlich. Alle Hunde, von denen man je in der Geschichte gehört hat, stehen drin und dazu noch die, die die Dichter sich ausgedacht haben. In diesem Buch habe ich die schöne und wahre Geschichte vom Hund Medor gefunden, der die Pariser Revolution von 1831, die Erstürmung des Louvre, mitmachte und dort seinen Herrn verlor. Ich erzähle sie jetzt zum Schluß so, wie der Dichter Ludwig Börne sie aufschrieb.
»Von Napoleons Krönung weg ging ich zu einem andern Schauspiel, das meinem Herzen wohler tat. Ich besuchte den edlen Medor. Wenn man auf dieser Erde die Tugend mit Würden belohnte, dann wäre Medor der Kaiser der Hunde. Vernehmen Sie seine Geschichte. Nach einer Bestürmung des Louvres im Juli begrub man auf dem freien Platze vor dem Palaste, auf der Seite wo die herrlichen Säulen stehen, die in der Schlacht gebliebenen Bürger. Als man die Leichen auf Karren legte, um sie zu Grabe zu führen, sprang ein Hund mit herzzerreißendem Jammer auf einen der Wagen, und von dort in die große Grube, in die man die Toten warf. Nur mit Mühe konnte man ihn herausholen; ihn hätte dort der hineingeschüttete Kalk verbrannt, noch ehe ihn die Erde bedeckt. Das war der Hund, den das Volk nachher Medor nannte. Während der Schlacht stand er seinem Herrn immer zur Seite, er wurde selbst verwundet. Seit dem Tode seines Herrn verließ er die Gräber nicht mehr, umjammerte Tag und Nacht die hölzerne Wand, welche den engen Kirchhof einschloß, oder lief heulend am Louvre hin und her. Keiner achtete auf Medor, denn keiner kannte ihn und erriet seinen Schmerz. Sein Herr war wohl ein Fremder, der in jenen Tagen erst nach Paris gekommen, hatte unbemerkt für die Freiheit seines Vaterlandes gekämpft und geblutet und war ohne Namen begraben worden. Erst nach einigen Wochen ward man aufmerksamer auf Medor. Er war abgemagert bis zum Gerippe und mit eiternden Wunden bedeckt. Man gab ihm Nahrung, er nahm sie lange nicht. Endlich gelang es dem beharrlichen Mitleid einer guten Bürgersfrau, Medors Gram zu lindern. Sie nahm ihn zu sich, verband und heilte seine Wunden, und stärkte ihn wieder. Medor ist ruhiger geworden, aber sein Herz liegt im Grabe bei seinem Herrn, wohin ihn seine Pflegerin nach seiner Wiederherstellung geführt, und das er seit sieben Monaten nicht verlassen. Schon mehrere Male wurde er von habsüchtigen Menschen an reiche Freunde von Seltenheiten verkauft; einmal wurde er dreißig Stunden weit von Paris weggeführt; aber er kehrte immer wieder zurück. Man sieht Medor oft ein kleines Stück Leinwand aus der Erde scharren, sich freuen, wenn er es gefunden, und dann es wieder traurig in die Erde legen und bedecken. Wahrscheinlich ist es ein Stück von dem Hemde seines Herrn. Gibt man ihm ein Stück Brot, Kuchen, verscharrt er es in die Erde, als wollte er seinen Freund im Grabe damit speisen, holt es dann wieder heraus, und das sieht man ihn mehrere Male im Tage wiederholen. In den ersten Monaten nahm die Wache von der Nationalgarde beim Louvre jede Nacht den Medor zu sich in die Wachtstube. Später ließ sie ihm selbst auf dem Grabe eine Hütte hinsetzen. Medor hat schon seinen Plutarch gefunden, seine Rhapsoden und Maler. Als ich auf den Platz vor dem Louvre kam, wurde mir Medors Lebensbeschreibung, Lieder auf seine Taten und sein Bild feilgeboten. Für zehn Sous kaufte ich Medors ganze Unsterblichkeit. Der kleine Kirchhof war mit einer breiten Mauer von Menschen umgeben, alle arme Leute aus dem Volke. Hier liegt ihr Stolz und ihre Freude begraben. Hier ist ihre Oper, ihr Ball, ihr Hof und ihre Kirche. Wer nahe genug herbei kommen konnte, Medor zu streicheln, der war glücklich. Auch ich drängte mich endlich durch. Medor ist ein großer, weißer Pudel, ich ließ mich herab, ihn zu liebkosen; aber er achtete nicht auf mich, mein Rock war zu gut. Aber nahte sich ihm ein Mann in der Weste, oder eine zerlumpte Frau und streichelte ihn, das erwiderte er freundlich. Medor weiß sehr wohl, wo er die wahren Freunde seines Herrn zu suchen hat. Ein junges Mädchen, ganz zerlumpt, trat zu ihm. An diesem sprang er hinauf, zerrte es, ließ nicht mehr von ihm. Er war so froh, es war ihm so bequem, er brauchte um das arme Mädchen etwas zu fragen, es nicht wie eine vornehme geputzte Dame, sich erst niederlassend, am Rande des Rockes zu fassen. An welchem Teile des Kleides er zerrte, war ein Lappen, der ihm in den Mund paßte. Das Kind war ganz stolz auf Medors Vertraulichkeit. Ich schlich mich fort, ich schämte mich meiner Tränen.«
So, nun sind wir für heute mit den Hunden zu Ende.