Rudolf Eisler
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Kant-Lexikon
Nachschlagewerk zu Kants sämtlichen Schriften,
Briefen und handschriftlichen Nachlaß
(1930)
Vorwort
Das vorliegende „Kant-Lexikon“ will sowohl dem Fachmann wie dem weiteren Kreise der Gebildeten dienen. Ersterem, indem es ihn, sofern er nicht selbst Kantforscher ist, auf so manches aufmerksam macht, was ihm vielleicht sonst, bei der Verteilung Kantscher Äußerungen auf so viele Schriften, entgehen könnte; letzterem dadurch, daß die Lektüre der Schriften Kants erleichtert wird, das Schwierige der einen Stelle durch andere ihm klarer werden kann, die Gedankengänge sich ihm schärfer herausheben, vieles, das den meisten sonst unbekannt bleibt, zur Kenntnis gelangt. Will und soll das Lexikon nicht das Studium der Werke Kants ersetzen, sondern vielmehr gerade zu einem solchen anregen, so kann es doch zur Ergänzung dieses Studiums, als Hilfsmittel für dasselbe dienen.
Das „Kant-Lexikon“ ist natürlich weder systematische Darstellung der Kantschen Philosophie noch ein nach philologischen Prinzipien ausgearbeitetes Register zu Kants Schriften, welches alle Stellen, wo ein Terminus vorkommt, verzeichnet; ein solches Register enthält z. B. für die einzelnen Schriften die hier zitierte Kantausgabe, und ein vollständiges Gesamtregister ist als Abschluß der Akademie-Ausgabe in Vorbereitung. Doch hat der Herausgeber danach gestrebt, soviel philosophisch bedeutsame Stellen als möglich anzuführen. Bei jedem Stichwort ist auf andere verwiesen, unter welchen noch Einschlägiges sich findet; dadurch wird auch jeder Begriff zu dem Kreise jener Begriffe, dem er zunächst sich eingegliedert, in Beziehung gebracht, was dem Zusammenhange des Ganzen dienlich ist. Und wenn auch in erster Linie das Ziel angestrebt wurde, übersichtlich zu zeigen, wie Kant über die Probleme von den ersten bis zu den letzten Zeiten seiner philosophischen Arbeit gedacht hat, so wurde doch tunlichst auch darauf gesehen, nicht bloß herausgerissene, zusammenhanglose Definitionen und Bemerkungen Kants anzuführen, sondern innerlich zusammenhängende Gedankengänge über alle wichtigeren Themen. Gegenüber den zuweilen etwas subjektiv gehaltenen Kant-Darstellungen sollte die größte Objektivität und Treue dadurch bewahrt werden, daß Kant überall selbst zu Worte kommt. Doch erschien es nützlich, überall da, wo die Quintessenz der Kantschen Lehren nicht schon durch die Zusammenstellung von selbst erhellt, durch kurze, zusammenfassende und erläuternde Einleitungen bei größeren Artikeln die Übersichtlichkeit des Zusammenhanges zu fördern. Kurz, es kann demjenigen, der das Werk wirklich genauer prüft, nicht entgehen, daß es wesentlich mehr bietet als ein Sammelsurium von Stellen, aus denen der Leser nichts zu machen wüßte. Zum erstenmal wurde hier der recht mühevolle Versuch gemacht, ein auf Grund der Gesamtquellen — auch der Nachlaß und Briefwechsel wurde, soweit es der nicht zu überschreitende Umfang des Buches zuließ, berücksichtigt — bearbeitetes Kant-Lexikon zu bieten1.
Möge das „Kant-Lexikon“ als Nachschlage- wie als Lesebuch die Dienste erweisen, die man von ihm erwartet, und möge es viele dazu anregen, sich mit den Schriften Kants genauer vertraut zu machen und zu den Lehren Kants Stellung zu nehmen. Möge es dazu beitragen, Kant im deutschen Volke lebendig und als Triebkraft zur Weiterbildung des Denkens wirksam zu erhalten.
Wien, im Kriegsjahr 1916.
Dr. Rudolf Eisler
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Inhaltsverzeichnis - Kant-Lexikon
- Ältere Kant-Wörterbücher: Chr. E. Schmid, Wörterbuch zum leichteren Gebrauch der Kantschen Schriften, Jena 1788; 4. A. 1798; Meilin, Enzyklop. Wörterbuch der krit. Philosophie, Züllichau u. Lpz. 1797—1803 (6 Bde.); G. Wegner, Kant-Lexikon. Berlin 1893↩