Ästhetik, Kunst, Religion
Die Ästhetik ist »Philosophie der Kunst«. Die Kunst ist die sinnliche Vorstellung des Absoluten und tritt als klassische, symbolische, romantische Kunst auf. Nur als den Geist bedeutende, charakteristische, sinnvolle Naturform ist die Wirklichkeit durch die Kunst nachzuahmen. Die Ästhetik Hegels ist eine spekulativ-idealistische Gehalts-Ästhetik. Das Schöne ist das »sinnliche Scheinen der Idee«. Die Gestalt ist hier Zeichen, unmittelbarer Ausdruck der Idee, des Geistigen. In der klassischen Kunst liegt die Vollendung der Schönheit, in der symbolischen die Erhabenheit; hier ist die der Idee angemessene Gestaltung noch nicht gefunden. Die romantische Kunst stellt das Göttliche als Innigkeit in der Äußerlichkeit dar.
In der Religion ist der Inhalt der Idee als absoluter Geist für den Geist. Die Religion ist das »Wissen des endlichen Geistes von seinem Wesen als absoluter Geist«, das »Selbstbewußtsein Gottes« im Menschen, die vorstellungsmäßige (nicht rein begriffliche) Erfassung des absoluten Geistes, der sich im Bewußtsein des Menschen offenbart. »Gott ist nur Gott, insofern er sich selber weiß; sein Sichwissen ist ferner sein Selbstbewußtsein im Menschen.« Der Mensch weiß nur von Gott, sofern Gott im Menschen von sich weiß. Die Stufen der Religion sind: die Naturreligion, die Religion der geistigen Individualität, die absolute Religion. Gott ist (analog der christlichen Dreieinigkeit) a) als in seiner Manifestation bei sich selbst bleibender, ewiger Inhalt, Gedanke (Gott als Vater), b) als Unterscheidung des ewigen Wesens von seiner Manifestation in Natur und endlichem Geist (Sohn); c) als unendliche Rückkehr und Versöhnung der entäußerten Welt mit dem ewigen Wesen. Schöpfung, Sündenfall, Erlösung sind ewige Prozesse, welche auf dem Standpunkte der Vorstellung zu einmaligen Vorgängen werden (Spekulative Dogmendeutung), Gott ist nicht eins mit der Welt, sondern die Geisteseinheit, die die Welt ewig von sich unterscheidet. (Idealistischer Pantheismus im Gegensatze zum naturalistischen »Pantheismus«.) Das »ontologische« Argument für das Sein des Absoluten steht in Kraft.
Die Einheit der Kunst und Religion ist die Philosophie, deren Definition wir oben anführten. Sie ist »die sich denkende Idee«, die »wissende Wahrheit«, die »sich wissende Vernunft«, die noêsis noêseôs des Aristoteles. In der Philosophie wird das Absolute durch reines, unsinnliches Denken erfaßt; das philosophische Denken ist geradezu eine Reproduktion der Dialektik des Weltprozesses, in dem sich Gott offenbart, das Absolute zu sich kommt. Die Geschichte der Philosophie wiederholt die Phasen des philosophischen Denkens. Die Aufeinanderfolge der Systeme der Philosophie ist dieselbe wie die Aufeinanderfolge in der logischen Ableitung der Begriffsbestimmungen der Idee. Die letzte Philosophie ist das Resultat aller früheren, die als aufgehobene Momente in ihr erhalten bleiben: daher ist sie, wenn sie wahrhafte Philosophie ist, die entfaltetste, reichste und konkreteste. Die Geschichte der Philosophie ist die Geschichte des Sichselbstfindens des Gedankens.