2. Expropriation des Landvolks von Grund und Boden

 

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190) "Die kleinen Grundeigentümer, die ihre eignen Felder mit eigner Hand behauten und eines bescheidnen Wohlstands sich erfreuten, ... bildeten damals einen weit wichtigeren Teil der Nation als jetzt ... Nicht weniger als 160.000 Grundeigentümer, die mit ihren Familien mehr als 1/7 der Gesamtbevölkerung ausgemacht haben müssen, lebten von der Bewirtschaftung ihrer kleinen Freehold Hufen" (Freehold ist vollfreies Eigentum). "Das Durchschnittseinkommen dieser kleinen Grundbesitzer ... wird auf 60 bis 70 Pfd.St. geschätzt. Es wurde berechnet, daß die Zahl derer, die ihren eignen Grundbesitz bebauten, größer war als die der Pächter auf fremdem Boden." (Macaulay, "Hist. of England", 10th ed., London 1854, I, p. 333-334.) - Noch im letzten Drittel des 17. Jahrhundert waren 4/5 der englischen Volksmasse agrikol (l.c.p. 413). - Ich zitiere Macaulay, weil er als systematischer Geschichtsfälscher derartige Tatsachen möglichst "beschneidet".

191) Man muß nie vergessen, daß selbst der Leibeigne nicht nur Eigentümer, wenn auch tributpflichtiger Eigentümer, der zu seinem Haus gehörigen Bodenparzellen war, sondern auch Miteigentümer des Gemeindelandes. "Der Bauer ist dort" (in Schlesien) "Leibeigener." Nichtsdestoweniger besitzen diese serfs [Leibeigenen] Gemeindegüter. "Man konnte bisher die Schlesier noch nicht zur Teilung des Gemeindelandes veranlassen, während es in der Neumark kaum ein Dorf gibt, in dem diese Teilung nicht mit größtem Erfolg durchgeführt worden wäre." (Mirabeau. "De la Monarchie Prussienne", Londres 1788, t. II, p. l25, 126.)

192) "Japan, mit seiner rein feudalen Organisation des Grundeigentums und seiner entwickelten Kleinbauernwirtschaft, liefert ein viel treueres Bild des europäischen Mittelalters als unsre sämtlichen, meist von bürgerlichen Vorurteilen diktierten Geschichtsbücher. Es ist gar zu bequem, auf Kosten des Mittelalters "liberal" zu sein.

193) In seiner "Utopia" spricht Thomas Morus von dem sonderbaren Land, wo "Schafe die Menschen auffressen". ("Utopia", transl. Robinson, cd. Arber, London 1869, p. 41.)

193a) Baco setzt den Zusammenhang zwischen einer freien wohlhabenden Bauerschaft und guter Infanterie auseinander. "Es war dies wundervoll wichtig für die Macht und Haltung des Königreichs, Pachtung zu haben von genügendem Maß, um tüchtige Männer außer Not zu halten, und einen großen Teil des Bodens des Königreichs festzubinden im Besitz der Yeomanry oder von Leuten mittlerer Lage zwischen Edelleuten und Häuslern (cottagers) und Bauernknechten ... Denn es ist die allgemeine Meinung der kompetentesten Kriegskenner ..., daß die Hauptstärke einer Armee in der Infanterie oder dem Fußvolk besteht. Aber um eine gute Infanterie zu bilden, braucht man Leute, die nicht in serviler oder dürftiger Weise, sondern frei und in einer gewissen Wohlhabenheit aufgewachsen sind. Wenn ein Staat daher allzumeist in Edelleute und feine Herren ausschlägt, während Landleute und Pflüger deren bloßes Arbeitsvolk oder Ackerknechte sind oder auch Häusler, d.h. behauste Bettler, mögt ihr eine gute Reiterei haben, aber niemals gutes standhaftes Fußvolk ... Man sieht dies in Frankreich und Italien und einigen andren auswärtigen Gegenden, wo in der Tat alles Adel oder elende Bauerschaft ... so sehr, daß sie gezwungen sind, Lohnbanden von Schweizern u. dgl. für ihre Infanteriebataillone anzuwenden: woher es auch kommt, daß diese Nationen viel Volk und wenig Soldaten haben." ("The Reign of Henry VII etc. Verbatim Reprint from Kennet's England, ed. 1719", Lond. 1870, p. 308.)

194) Dr. Hunter, l.c.p. 134. - "Die Menge Land, die" (in den alten Gesetzen) "zugewiesen wurde, würde heute für zu groß gehalten werden für Arbeiter und eher als dazu geeignet, sie in kleine Pächter zu verwandeln." (George Roberts, "The Social History of the People of the Southern Counties of England in past centuries", Lond. 1856, p. 184.)

195) "Das Recht der Armen, an den Kirchenzehnten beteiligt zu werden, ist durch alte Satzungen festgelegt." Tuckett, l.c., v. II, p. 804, 805.)

196) William Cobbett, "A History of the Protestant Reformation", § 471.

197) Den protestantischen "Geist" ersieht man u.a. aus folgendem. Im Süden Englands steckten verschiedne Grundeigentümer und wohlhabende Pächter die Köpfe zusammen und setzten über die richtige Interpretation des Armengesetzes der Elisabeth 10 Fragen auf, welche sie einem berühmten Juristen jener Zeit, Sergeant Snigge (später Richter unter Jakob I.), zum Gutachten vorlegten. "Neunte Frage: Einige der reichen Pächter der Pfarrei haben einen klugen Plan ausgeheckt, wodurch alle Wirre in Ausübung des Akts beseitigt werden kann. Sie schlagen den Bau eines Gefängnisses in der Pfarrei vor. Jedem Armen, der sich nicht in vorbesagtes Gefängnis einsperren lassen will, soll die Unterstützung versagt werden. Er soll dann der Nachbarschaft Anzeige gemacht werden, daß, wenn irgendeine Person geneigt, die Armen dieser Pfarrei zu pachten, sie versiegelte Vorschläge eingeben soll, an einem bestimmten Tag, zum niedrigsten Preis, wozu sie selbe uns abnehmen will. Die Urheber dieses Plans unterstellen. daß es in den Nachbargrafschaften Personen gibt, die unwillig sind zu arbeiten, und ohne Vermögen oder Kredit, um eine Pacht oder ein Schiff zu erwerben, so daß sie ohne Arbeit leben könnten (so as to live without labour). Solche dürften geneigt sein, der Pfarrei sehr vorteilhafte Vorschläge zu machen. Sollten hier und da Arme unter des Kontraktors Obhut kaputt gehn, so wird die Sünde an seiner Tür liegen, da die Pfarrei ihre Pflichten gegen selbige Arme erfüllt hätte. Wir fürchten jedoch, daß der gegenwärtige Akt keine Klugheitsmaßregel (prudential measure) dieser Art erlaubt; aber Sie müssen wissen, daß der Rest der freeholders dieser Grafschaft und der anliegenden sich uns anschließen wird, um ihre Unterhausmitglieder zur Vorlage eines Gesetzes anzutreiben, welches Einsperrung und Zwangsarbeit der Armen gestattet, so daß jede Person, welche sich der Einsperrung widersetzt, zu keiner Unterstützung berechtigt sein soll. Dies, so hoffen wir, wird Personen im Elend abhalten, Unterstützung zu beanspruchen (will prevent persons in distress from wanting relief)." (R.Blakey, "The History of Political Literature from the earliest times", Lond. 1855, v. II, p. 84, 85.) - In Schottland fand die Abschaffung der Leibeigenschaft Jahrhunderte später statt als in England. Noch 1698 erklärte Fletcher von Saltoun im schottischen Parlament: "Die Zahl der Bettler ist in Schottland auf nicht weniger als 200.000 geschätzt. Das einzige Hilfsmittel, welches ich, ein Republikaner von Prinzip, vorschlagen kann, ist, den alten Zustand der Leibeigenschaft zu restaurieren und aus allen denen Sklaven zu machen, die unfähig sind, für ihre eigne Subsistenz zu sorgen." So Eden, l.c., b. I, ch. I, p. 60, 61. - "Von der Freiheit der Ackerbauer datiert der Pauperismus ... Manufakturen und Handel sind die wahren Eltern unsrer nationalen Armen." Eden, wie jener schottische Republikaner von Prinzip, irrt nur darin, daß nicht die Aufhebung der Leibeigenschaft, sondern die Aufhebung des Eigentums des Ackerbauers an Grund und Boden ihn zum Proletarier, resp. Pauper machte. - Englands Armengesetzen entspricht in Frankreich, wo sich die Expropriation in andrer Weise vollzog, die Ordonnanz von Moulins, 1566, und das Edikt von 1656.

198) Herr Rogers, obgleich damals Professor der politischen Ökonomie an der Universität zu Oxford, dem Stammsitz protestantischer Orthodoxie, betont in seiner Vorrede zur "History of Agriculture" die Pauperisierung der Volksmasse durch die Reformation.

199) "A Letter to Sir T. C. Bunbury, Brt.: On the High Price of Provisions. By a Suffolk Gentleman", Ipswich 1795. p. 4. Selbst der fanatische Verteidiger des großen Pachtwesens, der Verfasser [J. Arbuthnot] der "Inquiry into the Connection of large farms etc.", Lond. 1773, p. 139, sagt: "Am meisten beklage ich den Verlust unserer Yeomanry, jener Schar von Männern, die in Wirklichkeit die Unabhängigkeit dieser Nation aufrechterhielten; und ich bedaure, ihre Ländereien jetzt in den Händen monopolisierender Lords an kleine Pächter verpachtet zu sehn, die ihre Pachten zu solchen Bedingungen halten, daß sie kaum mehr sind als Vasallen, die bei jeder mißlichen Gelegenheit einem Ruf Folge leisten müssen."

200) Über die Privatmoral dieses bürgerlichen Helden u.a.: "Die großen Zuwendungen von Ländereien an Lady Orkney in Irland im Jahre 1695 sind ein öffentlicher Beweis für die Zuneigung des Königs und den Einfluß der Lady ... die köstlichen Dienste der Lady Orkney sollen bestanden haben in - foeda labiorum ministeria. (In der Sloane Manuscript Collection, auf dem Britischen Museum, Nr. 4224. Das Manuskript ist betitelt: "The charakter and behaviour of King William, Sunderland etc. as represented in Original letters to the Duke of Shrewsbury from Somers, Halifax, Oxford, Secretary Vernon etc." Es ist voller Kuriosa.)

201) Die illegale Veräußerung der Krongüter, teils durch Verkauf und teils durch Schenkung, bildet ein skandalöses Kapitel in der englischen Geschichte ... eine gigantische Prellerei der Nation (gigantic fraud on the nation)." (F. W. Newman, "Lectures on Political Econ.", Lond. 1851. p. 129, 130.) - {Wie die heutigen englischen Großgrundbesitzer zu ihrem Besitz kamen, im einzelnen nachzusehn in [N. H. Evans,] "Our old Nobility. By Noblesse Oblige", London 1879. - F. E.}

202) Man lese z.B. E. Burkes Pamphlet über das herzogliche Haus von Bedford, dessen Sprosse Lord John Russell, "the tomtit of liberalism"

203) "Die Pächter verbieten den cottagers (Häuslern), irgendeine lebendige Kreatur außer sich selbst zu erhalten, unter dem Vorwand, daß, wenn sie Vieh oder Geflügel hielten, sie von den Scheunen Futter stehlen würden. Sie sagen auch, haltet die Cottagers arm, und ihr haltet sie fleißig. Die wirkliche Tatsache aber ist, daß die Pächter so das ganze Recht an den Gemeindeländereien usurpieren." ("A Political Enquiry into the Consequences of enclosing Waste Lands", Lond. 1785, p. 75.)

204) Eden, I. c., Preface, [p. XVII, XIX].

205) "Capital farms." ("Two Letters on the Flour Trade and the Dearness of Corn. By a Person in Business", Lond. 1767, p. 19, 20.)

206) "Merchant-farms." ("An Inquiry into the Present High Prices of Provision.", Lond. 1767, p. 111, Note.) Diese gute Schrift, die anonym erschien, verfaßt von dem Rev. Nathaniel Forster.

207) Thomas Wright, "A short address to the Public on the Monopoly of large farms", 1779, p. 2, 3.

208) Rev. Addington, "Enquiry into the Reasons for or against enclosing open fields", Lond. 1772, p. 37-43 passim.

209) Dr. R. Price, l.c., v. II, p. 155, 156. Man lese Forster, Addington, Kent, Price und James Anderson und vergleiche das elende Sykophantengeschwätz MacCullochs in seinem Katalog, "The Literature of Political Economy", Lond. 1845.

210) l.c.p. 147, 148.

 


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