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Zahlworte keine Begriffe

Daß die Zahlen keine Begriffe sind, sollte von selbst einleuchten. Für Zahlen, wenigstens für die zugänglichsten, sind auch gar keine Worte nötig. Heutzutage lernt das Kind auch an der Rechenmaschine wortlos rechnen. Nicht nur der Wilde, sondern auch der lebhafte Italiener bezeichnet die Ziffer mit der Hand, z. B. beim Morraspiel. Nun beachte man wohl, daß dieses Aufzeigen mit den Fingern durchaus keine Zeichensprache ist. Wenn man mit dem Finger winkt, anstatt zu sagen: komm, so bleibt man in der Sprache; die Augensprache tritt an Stelle der Ohrsprache. Wer aber zwei Finger aufhebt, anstatt zwei zu sagen, der spricht nicht, der denkt nicht, dessen zwei Finger sind wirklich das, um was es sich handelt, nämlich zwei. Dies beruht darauf, daß die Zahlen niemals und nirgends Begriffe sind, sondern immer und ewig wirklich auch Vertreter und Beispiele des Verhältnisses, das sie bezeichnen. Wenn ich Raubtier sage und einen Tiger vor mir sehe, so ist es die Sprache oder das Denken, das diesen leibhaftigen Tiger unter den "abstrahierten" Begriff Raubtier einschachtelt. Wenn ich aber Fünf sage und dann eine fünfblättrige wilde Rose vor mir sehe oder fünf Seidel Bier zu zahlen habe, oder ein Fünftel einer Erbschaft zu bekommen, oder fünf Stunden zu reisen unternehme, so ist jedesmal die Fünf nicht ein abstrahierter Begriff, sondern wirklich und greifbar ein Verhältnis. Genau ebenso steht es um räumliche Größen. Zahlen und Größen unterscheiden sich ja nur dadurch von anderen wirklichen Dingen, daß sie unabhängig von der gemeinen Not der in Raum und Zeit sich drängenden Wirklichkeit überall und immer vorgestellt werden können — vorgestellt, nicht gedacht — und daß sie sofort für das Gehirn sind, das sie vorstellt. Zahlworte sind keine Begriffe.

Die Buchstaben der Algebra und Geometrie aber sind Eigennamen, und Eigennamen sind wieder keine Begriffe. Über die Stellung der Eigennamen in der Sprache an anderer Stelle.