Metapher und Vergleichung
Solange man die Metapher nicht sprachgeschichtlich, solange man sie in Rhetorik und Grammatik behandelt, denkt man niemals an diesen Punkt, der doch entscheidend ist. Was uns zur Vergleichung, also in einer Urzeit zur Begriffserweiterung oder Namengebung zwingt, das ist ja vor der Begriffserweiterung etwas Namenloses, etwas Unbewußtes, ein Gefühl. Darin müssen Poesie und Ursprung der Sprache übereinstimmen. Das Bewußtsein der Vergleichung, durch Worte wie "gleichsam" oder "wie" ausgesprochen, muß jüngere Reflexion sein. Es ist ein ebenso witziger wie falscher Einfall von Steinthal, wenn er diesen Vergleichungspartikeln eine hohe Bedeutung beimißt, wenn er in seiner Vorliebe für die orientalische Poesie die unbewußte Vergleichung der griechischen Mythologie, die die Sonne zum Helios personifiziert, "kindlich, wenn nicht kindisch" nennt, den Psalmisten aber poetisch, weil er (z. B. 19, 6) von der Sonne sagt: "Sie gehet hinaus wie ein Bräutigam aus seiner Kammer". Die Vergleichung drückt ein Gefühl aus; hier, daß die Sonne glücklich lache, wie der Lenz in den Saal lacht. "Wie ein Bräutigam" ist wunderschön, aber nicht durch das "wie". Ich habe mich selbst beim Schreiben oft darauf ertappt, daß ich bei der Anwendung einer Metapher zögere, ob ich das "wie" oder "gleichsam" hinsetzen soll oder nicht. Und so oft ich mir meines Gedankenganges bewußt war, war ich mir auch bewußt, die Vergleichungspartikel nur für die Dummen hinzusetzen; für mich selbst und für meinen einen guten Leser brauche ich sie nicht. Und noch eines fiel mir auf: Bei der alten, ererbten Metapher war die Vergleichungspartikel überflüssig; je neuer und kühner die Metapher war, desto eindringlicher mußte der Leser durch ein "wie", "gleichsam", "gewissermaßen" und dergleichen zu einer Bemühung seiner Phantasie aufgefordert werden, um — "gleichsam" — an den Gedanken ein anschauliches Bild zu knüpfen. Ein anschauliches Bild! Es ist kein Pleonasmus. Es liegt darin die Ahnung ausgesprochen, daß es bei dem Begriff nicht auf wirkliche Anschauung, sondern nur auf den schönen Schein einer Anschauung hinausläuft.