Frisches Fleisch
Fleisch, frisches. Das frische, rohe, eben vom geschlachteten Tiere genommene, warme und blutige Rind- oder Kalbfleisch ist ein gutes Hausmittel gegen rote, entzündete Augen. Man legt auf jedes geschlossene Auge ein Stück von zwei Zoll groß und halb so dick. Der Schmerz und die Röte vergehen darnach in ein paar Tagen, doch muss man täglich zweimal, Abends und Morgens, frisches Fleisch auflegen und das alte vergraben.
Das dreimalige Bestreichen der Warzen an den Händen mit frischem Fleische zur Zeit des abnehmenden Mondes, ist als ein wirksames sympathetisches Hausmittel bekannt. Man bestreicht die Warze, jede einzeln, kreuzweise damit und vergräbt das Fleisch darauf an einem warmen Orte, damit es bald in Verwesung übergeht. (S. Most, G. F.. Sympathetische Mittel und Kurmethoden. Rostock 1842. Seite 116.)
Zur Linderung der Schmerzen, ja selbst zur Reinigung, Verbesserung und Heilung bösartiger, krebshafter Geschwüre an der weiblichen Brust, am Uterus etc. lernte ich folgendes, zur Sympathie gezählte Hausmittel kennen:
Man nimmt ein Stück frisches Fleisch von so eben geschlachteten Hühnern, Tauben, oder solches Rindfleisch von der Größe des Geschwürs, noch besser, wenn es einen Zoll im Umfange größer ist, legt dieses noch warm und dunstend, ohne es vom Blute abzuwaschen, auf dasselbe, und befestigt es mit einer reinen leinenen Kompresse und Binde. Man lässt das Fleisch 24 Stunden liegen, alsdann gibt man es einem Raben stückweise zu fressen, (oder man vergräbt es unter der Dachtraufe) — wäscht das Geschwür mit frischem Harn aus und legt wiederum ein Stück frisches Fleisch auf. Sind die Schinerzen im Geschwüre darnach nicht in drei Tagen verschwunden oder bedeutend vermindert, so verbinde man täglich dasselbe mit einer lebendigen, aber verwundeten und blutenden Maus, welcher das Fell abgezogen ist. Es lässt sich die Wirksamkeit des Mittels natürlich erklären. Schon im Altertum wusste man, dass der lebende Tierkörper die Eigenschaft besitze, einen Teil seiner Lebensfülle auf Andere zu übertragen, worauf sich ja die Kunst der Gerokomik stützte, um abgelebte Greise durch die nahe Atmosphäre einer frischen Jugend wieder zu verjüngen. Dass letztere durch dieses Beisammensein aber geschwächt werden, dies bezeugen schon Galen, Baco, Sydenham, van Swieten, Boerhaave; auch Wurzer, Gmelin und Kluge, gestützt auf eigene Beobachtungen (S. Kluge a. a. O. S. 250 bis 255).
Auf die Wirksamkeit des Lebensdunstes frisch aufgeschnittener Tiere gegen schmerzhafte Übel und auf die herrliche Wirkung des Auflegens lebendiger Tiere zur Linderung und Entfernung der Schmerzen und des Krampfs in einzelnen Teilen macht Kluge gleichfalls aufmerksam (a. a. O. S. 251), und der sei. Geheime Medizinalrat, Dr. S. G. von Vogel, mein früherer mir unvergesslicher, ratgebender Kollege und Freund, rühmte vor einem Dezennium öffentlich (Schweriner freimütiges Abendblatt) gegen die allerschlimmsten Kinderkrämpfe als sehr wirksam eine eben geschlachtete Taube. Dieselbe wird schnell in zwei Hälften geschnitten und, noch warm und zuckend, jede Hälfte unter die Fußsohlen des Kindes gebunden.
Auch gegen Krebsgeschwüre kann statt der eben erwähnten Maus eine solche halbe Taube zum Verbinden genommen werden; denn ich habe dieselbe hier eben so wirksam, als die Maus gefunden, welche letztere oft nur mit Abscheu und Widerwillen vom Kranken angenommen wird.
Gegen den Mutterkrebs (Carcinoma uteri) kann man Stücke von frischem, noch warmem und blutendem Kalb- oder Rindfleisch, selbst von Tauben oder Sperlingen, täglich zweimal erneuert, in die Vagina, hoch bis an den Muttermund bringen. Der so scheußlich stinkende Ausfluss bessert sich bald, wird geruchlos, eiterartig gelb, und es erfolgt, ist das Übel nicht zu weit fortgeschritten und die Person noch bei Kräften, in fünf bis zehn Wochen die Genesung; doch müssen dabei durch zweckmäßige diätetische und Arzneimittel die Säfte verbessert und die Kräfte unterstützt werden, wobei besonders die Milchdiät, die Weintrauben- und Erdbeerkur, neben schwacher Kalbfleischbrühe und Weißbrot als einziger Nahrung (s. oben Fleischbrühen) zu empfehlen, alle Gewürze, Kaffee, Tee und Spirituosa aber strenge zu vermeiden sind. (S. Most, sympathetische Mittel etc. p. 114.)