8. Das sokratische Fragen als Prüfung des Orakels an den Handwerkern


Zum Schluß nun ging ich auch zu den Handarbeitern. Denn von mir selbst wußte ich, dass ich gar nichts weiß, [22d] um es geradeheraus zu sagen; von diesen aber wußte ich doch, dass ich sie vielerlei Schönes wissend finden würde. Und darin betrog ich mich nun auch nicht; sondern sie wußten wirklich, was ich nicht wußte, und waren insofern weiser. Aber, ihr Athener, denselben Fehler wie die Dichter, dünkte mich, hatten auch diese trefflichen Meister: Weil er seine Kunst gründlich erlernt hatte, wollte jeder auch in den andern wichtigsten Dingen sehr weise sein; und diese ihre Torheit verdeckte jene ihre Weisheit. So dass ich mich selbst auch befragte im Namen des Orakels, [e] welches ich wohl lieber möchte: so sein, wie ich war, gar nichts verstehend von ihrer Weisheit, aber auch nicht behaftet mit ihrem Unverstande, - oder aber in beiden Stücken so sein wie sie. Da antwortete ich denn mir selbst und dem Orakel, es wäre mir besser, so zu sein, wie ich bin.


 © textlog.de 2004 • 26.12.2024 11:56:48 •
Seite zuletzt aktualisiert: 05.01.2006 
bibliothek
text
  Home  Impressum  Copyright