13. Erweis der Inkonsequenz des Meletos


Weiter, sage uns doch beim Zeus, Meletos, ob es besser ist, unter guten Bürgern wohnen oder unter schlechten? Lieber Freund, antworte doch! Ich frage dich ja nichts Schweres. Tun die Schlechten nicht allemal denen etwas Übles, die ihnen jedesmal am nächsten sind, die Guten aber etwas Gutes? - Allerdings. - Ist also wohl jemand, der von denen, mit welchen er umgeht, lieber will geschädigt sein als gefördert? [25d] Antworte mir, du Guter! Denn das Gesetz befiehlt dir zu antworten. Will wohl jemand geschädigt werden? - Wohl nicht. - Wohlan denn, forderst du mich hierher als Verderber und Verschlimmerer der Jugend, so dass ich es vorsätzlich sein soll oder unvorsätzlich ? - Vorsätzlich, meine ich. - Wie doch, o Meletos, so viel bist du weiser in deinem Alter als ich in dem meinigen, dass du zwar einsiehst, wie die Schlechten allemal denen Übles zufügen, die ihnen am nächsten sind, die Guten aber Gutes; [e] ich aber es so weit gebracht habe im Unverstande, dass ich auch das nicht einmal weiß, wie ich, wenn ich einen von meinen Nächsten schlecht mache, selbst Gefahr laufe. Übles von ihm zu erdulden, so dass ich mir dieses große Übel vorsätzlich anrichte, wie du sagst? Das glaube ich dir nicht, Meletos, ich meine aber auch, kein anderer Mensch glaubt es dir; sondern entweder ich verderbe sie gar nicht, oder ich verderbe sie unvorsätzlich, so dass du doch in beiden Fällen lügst. [26a] Verderbe ich sie aber unvorsätzlich, so ist es nicht gesetzlich, jemand unvorsätzlicher Vergehungen wegen hierher zu fordern, sondern ihn für sich allein zu nehmen und so zu belehren und zu ermahnen. Denn offenbar ist, daß, wenn ich belehrt bin, ich aufhören werde mit dem, was ich unvorsätzlich tue. Dich aber mit mir einzulassen und mich zu belehren, das hast du vermieden und nicht gewollt: sondern hierher forderst du mich, wohin gesetzlich ist, nur die zu fordern, welche der Züchtigung bedürfen und nicht der Belehrung.


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