50. Die zwei Arten der hervorbringenden Kunst
Fremder: Wir und die andern Lebewesen und woraus alles Wachsende besteht, Feuer und Wasser und was hierhin gehört, sind, wie wir wissen, insgesamt Erzeugnisse Gottes, und zwar jedes das Hervorgebrachte selbst. Oder wie?
Theaitetos: Nicht anders.
Fremder: Jegliches von diesen nun begleiten Bilder, welche nicht die Sache selbst sind, aber auch durch göttliche Veranstaltung entstanden.
Theaitetos: Was für welche?
Fremder: Die in den Träumen und auch das, was wir bei Tage natürlichen Schein nennen, wie der Schatten, wenn in das Helle Finsternis eintritt, [266c] und der Doppelschein, wenn an glänzenden und glatten Dingen eigentümliches Licht und fremdes zusammenkommend ein Bild hervorbringen, welches einen dem vorigen gewohnten Anblick entgegengesetzten Sinneseindruck gibt.
Theaitetos: Dies also seien die zweierlei Werke göttlicher Hervorbringung, die Sache selbst und das eine jede begleitende Bild.
Fremder: Und unsere Kunst, werden wir nicht sagen, dass sie das Haus selbst durch die Baukunst hervorbringt, durch die Zeichenkunst aber noch ein anderes, gleichsam als einen menschlichen Traum für Wachende Verfertigtes?
Theaitetos: Ganz gewiß. [d]
Fremder: Und werden wir nicht so auch in allem andern zweierlei als zwiefache Werke unserer hervorbringenden Kunst anführen: eins, die Sache selbst durch die eigentlich hervorbringende, dann das Bild durch die nachbildende?
Theaitetos: Nun habe ich es besser verstanden und setze auf zwiefache Weise zwei Arten der hervorbringenden Kunst, eine göttliche und eine menschliche nach der einen Teilung, und nach der andern eine, durch welche die Sachen selbst, und eine, durch welche etwas denselben Ähnliches entsteht.