Im Spital
MENSCHLICHE TRAUER
1. Fassung
Die Uhr, die tief im Grünen zwölfe schlägt —
Die Fieberkranken packt ein helles Grausen.
Der Himmel glitzert und die Gärten brausen.
Ein wächsern Antlitz sich am Fenster regt.
Vielleicht, daß diese Stunde stille steht.
Vor trüben Augen bunte Bilder gaukeln
Im Takt der Schiffe, die im Strome schaukeln.
Am Gang ein Schwesternzug vorüberweht.
Und Wolken regen sich im blauen Wind,
Wie Liebende die sich im Schlaf umschlingen.
Vielleicht, daß um ein Aas dort Fliegen schwingen,
Vielleicht auch weint im Mutterschoß ein Kind.
Am Fenster welken Blumen warm und rot,
Die man dem schönen Knaben heute brachte.
Wie er die Hände hob und leise lachte.
Man betet dort. Vielleicht liegt einer tot.
Es scheint, man hört auch gräßliches Geschrei
Und sieht in schwülem Brodem Fratzen flimmern.
Klavierspiel tönt gedämpft aus hellen Zimmern.
Die Uhr im tiefen Grün schlägt plötzlich drei.
Ein schwarzer Zug schwebt wieder dort davon.
Dann hört man ferne noch Choräle klingen.
Vielleicht, daß auch im Saale Engel singen.
Im Garten flattert traumhaft weißer Mohn.