Müssen Banknoten häßlich sein –?
Die Franzosen haben neue Banknoten herausgebracht, die, wenn dies möglich wäre, noch dümmer aussehen als die alten. Viele Zeitungen drucken die neuen Zettel ab und machen sehr heitere Witze darüber … Aber es scheint wenig zu nützen.
Denn nach einem offenbar unabänderlichen Naturgesetz müssen Banknoten wohl häßlich sein. Immer sind sie von alten Akademikern gezeichnet, entsprechen genau dem Kunstideal jener Beamten, die über die Annahme der Entwürfe zu entscheiden haben, und immer geht es auf den Banknoten sehr allegorisch zu. Da reicht die Landwirtschaft der Wissenschaft den Kranz; da huldigt die Chemie der Göttin des Reichsbankdiskonts, und alle zusammen sind mehr oder minder vollbusige Damen, die an den Lenden edle Draperien tragen und aussehen wie die Primaballerina eines königlichen Opernhauses an ihrem siebzigsten Geburtstag. Warum ist das nur so –?
Weil die Herren Entwerfer von einem gänzlich unsinnigen Gedanken ausgehen. Sie wollen nämlich etwas darstellen, während sie doch in Wahrheit zwei ganz andere Aufgaben zu erfüllen hätten. Die Zeichnung einer Banknote nämlich soll den Fälschern die größtmöglichen Schwierigkeiten machen, und im übrigen soll der kleine Raum auf dem Blatt Papier nach graphischen Gesetzen ausgefüllt sein – er soll wohl ein Bild ergeben, aber keine Bildchen. Jene aber haben es mit der Allegorje.
Die deutschen Banknoten sind nach dem Kriege zweifellos besser geworden – obgleich mir der ständig wiederholte Rückgriff auf die Vergangenheit deutscher Malerei mehr ein Notbehelf als eine Lösung zu sein scheint. Die englischen hohen Werte sind eine Augenweide und sicherlich das schönste Bankpapier der Welt. Der Rest …
Der sieht eben aus wie die französischen Banknoten, trutzige Ambosse, geraffte Ähren, griechische Kehrseiten und ausdrucklose Gesichter …
Merkwürdig, wie leer, wie verblasen das alles aussieht. Die Banknoten der meisten Staaten sind die Makartsträuße der finanziellen guten Stube. Hinaus damit!
Peter Panter
Tempo, 30.01.1929.