Nominalismus
Nominalismus (nlt. v. lat. nomen = Namen) heißt diejenige philosophische Richtung des Mittelalters, welche die Universalien (Allgemeinbegriffe) nicht für etwas Wirkliches (res), sondern nur für Worte (nomina rerum oder flatus vocis) hielt und das Einzelne für das wahrhaft Seiende erklärte. Urheber dieser, in der Isagoge des Porphyrius angedeuteten, später dem Aristoteles angeschriebenen Ansicht ist Roscellin (11. Jahrh.), Anhänger derselben Abälard (1079-1142). Im Gegensatz zu ihm hielt der im Anschluß an Platon, Plotinos und Scotus Erigena von Anselm v. Canterbury (1033-1109) vertretene Realismus daran fest, daß die Universalien selbständige Realität hätten und nicht erst vom Verstande gebildet würden. Die Formel des Nominalismus war: universalia post rem, die des Realismus: universalia ante rem, oder in re. Ersterer wurde, weil er zum Tritheismus zu führen schien, samt Roscellin 1092 zu Soissons verdammt. Der Streit zwischen beiden Parteien zog sich aber durch das ganze Mittelalter hin. Berühmte spätere Nominalisten sind z.B. Joh. Buridan (• 1358), Gabr. Biel (1495) gewesen. Sie wurden meist der Ketzerei beschuldigt, weil die Kirchenlehre, besonders von der Trinität, vom Logos und von der Transsubstantiation, durch sie bedroht schien. Eine vermittelnde Richtung War der Konzeptualismus des Wilhelm v. Occam (• 1347) (s. d.). Der Kampf zwischen Realismus und Nominalismus setzt sich übrigens nur mit veränderter Terminologie bis in die neueste Zeit fort – Hobbes, Locke, Hume, Berkeley, Mill sind neuere Vertreter des Nominalismus und Konzeptualismus, Leibniz, Kant, Fichte, Hegel dagegen Vertreter des Realismus -, nur daß die Realisten jetzt Idealisten, die Nominalisten hingegen Sensualisten oder auch Realisten genannt werden. Ebenso finden sich Spuren dieses Gegensatzes bereits im Altertum, bei Platon und Aristoteles. Siehe Realismus. Vgl. F. Exner, Nominalismus und Realismus 1842. H. Reuter, Gesch. der relig. Aufklärung im Mittelalter. 1875.