Belle-Alliance, 18. Juni


Wie bei Ligny an tapferer Verteidigung, so nahm unser Regiment bei Belle-Alliance an der siegreichen Offensive teil, die die letzten Stunden dieses Tages brachten. Es gehörte zu den Truppen, die recht eigentlich die Schlacht entschieden. Ihr bloßes Erscheinen bedeutete den Sieg.

Es war etwa sechs Uhr, als die 1. Brigade von Steinmetz auf dem Schlachtfelde eintraf. In diesem Moment waren die Engländer im Zurückweichen und getrennt vom Bülowschen Korps.

Die 1. Brigade (und in ihr unser 24. Regiment) stellte dadurch, daß sie zum Angriff vorging, den Feind warf und die Engländer zu neuem Vorrücken veranlaßte, die Verbindung wieder her und entschied auf diese Weise die Niederlage des französischen rechten Flügels. Auf einer von einem französischen Generalstabsoffizier herrührenden Zeichenskizze finden wir an einer Stelle, wo zwei Bataillone an der Spitze des heranziehenden Zietenschen Korps in den Plan eingezeichnet sind, zugleich die Worte: Arrivée du corps du Général Zieten, qui decida la défaite de l'aile droite. Diese »zwei Bataillone« sind die Musketiere unseres 24. Regiments.

Der Feind wich, setzte sich aber noch einmal auf den dominierenden Höhen südwestlich von Smohain. Unsere Musketierbataillone, unter Laurens persönlicher Führung, folgten. Sie hatten die französische Garde gegenüber, die jetzt mit höchster Anstrengung unsere so gut wie vollzogene Vereinigung mit den Engländern wieder zu lösen trachtete. Die diesseitige Tirailleurkette wurde verstärkt und wieder verstärkt, bis zuletzt die halben Bataillone aufgelöst kämpften. Alles umsonst. Der heftige Widerstand der alten Garde brachte den Angriff ins Stocken; ein Wanken begann, das ein Weichen zu werden drohte. In diesem Augenblick trat Laurens, wie es in den Berichten heißt, »mit seiner kräftigen Gegenwart« ein, schob das Füsilierbataillon nach links, um dadurch Verbindung mit dem rechten Flügel des 4. Korps zu gewinnen, nahm gleichzeitig die Soutiens der Musketierbataillone zusammen und führte sie, durch die Tirailleurschwärme hindurch, zu neuem Angriff vor. Im Vorgehen wurde nach rechts hin Verbindung mit den Bergschotten gewonnen, die an dieser Stelle standen und kämpften. Vorwärts! Wohl erkannte man die Gefahr, als es so gerade im Sturmschritt auf die alte Garde losging, die noch dazu durch eine vorteilhafte Stellung begünstigt war, aber siehe da, es gelang. Der Feind wurde geworfen. Seit Beginn dieses Angriffs war kaum eine halbe Stunde vergangen. Von Position zu Position in den Kessel zurückgedrängt, zog sich die Garde von Frichermont auf la Belle – Alliance zu.

Der Nebel hatte sich inzwischen gänzlich geteilt. Noch einmal sah man die feindliche Kavallerie anrücken, jedoch bald Halt und Kehrt machen. Endlich verschwanden die französischen Kolonnen hinter Planchenoit.

Die prächtigste Sommernacht zog herauf und ein glänzender Vollmond beleuchtete das Schlachtfeld, auf welchem die Engländer und Preußen nunmehr als Sieger vereint ruhen durften.

Unser Regiment vereinigte sich bei la Haye-Sainte und bezog daselbst ein Biwak, dicht neben ihm einige Bataillone Hochländer. Als man sich einigermaßen eingerichtet hatte, ließ Laurens die Hautboisten und Sänger vor die Mitte des Lagers treten und zuerst »Nun danket alle Gott«, dann »Heil Dir im Siegerkranz« anstimmen. Als die Hochländer diese Melodie hörten, die wie bekannt zugleich die der englischen Nationalhymne ist, fühlten sie sich freudig überrascht, fielen ein und sangen ihr »God save the King« mit, indem sie mit tränenvollen Augen ihren preußischen Waffengefährten in die Arme stürzten. Dann wurde noch lang in die Nacht hinein gejubelt und getanzt, obgleich der Boden von dem furchtbaren Regen der vorigen Nacht sehr aufgeweicht und durch die Kavallerieattacken gräßlich durchknetet war. Vierundzwanziger und Bergschotten im frohsten Durcheinander.

Die Verluste des Regiments waren mit Rücksicht auf das große Resultat gering zu nennen50): 137 Mann an Toten und Verwundeten, die, wie bei Ligny so auch hier, größerenteils auf die beiden Musketierbataillone entfielen.

 

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50) So verhältnismäßig gering die Verluste des Regiments an diesem Entscheidungstage waren, so groß waren sie in den kleineren, jetzt halbvergessenen Kämpfen, die noch folgten. Am 29. Juni traf man in der Nähe von Paris ein; am 2. Juli hatten unsere Musketierbataillone die Gefechte bei Sèvres und Issy. Dieselben kosteten uns 9 Offiziere und 322 Mann, jedes dieser Gefechte mehr, als Waterloo gefordert hatte.




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Seite zuletzt aktualisiert: 04.10.2007 
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