1. Clemens
Clemens' drei Hauptwerke (ed. Dindorf, Oxford 1869, Stählin, Leipz. 1905/09), die zusammen ein Ganzes bilden, sind: 1. die Mahnrede an die Griechen Logos protreptikos pros tous Hellênas), die in der bekannten Tendenz der Apologeten das Vernunftwidrige des Heidentums nachzuweisen sucht, 2. der Paidagôgos d. i. Erzieher zur christlichen Sittlichkeit, und 3. das wichtigste: die 8 Bücher Strômateis, die nicht in streng systematischer Form, sondern mehr aphoristisch (daher ihr Name strômateis = bunte Teppiche), die christliche Weltanschauung als die wahre Erkenntnis, also eine Art kirchlicher Gnosis darstellen und sie mittelst platonischer und stoischer Gedanken zu vertiefen suchen.
Clemens, als Heide - um 150, vielleicht in Athen - geboren und durch die Schule der griechischen Philosophie gegangen, betrachtet es als die Auf gäbe des wahren Christen, sich das Christentum denkend anzueignen. Zwar bleibt ihm das Wort Gottes die höchste Richtschnur, aber wir bedürfen der Philosophie, um von dem bloßen Autoritätsglauben pistis zu der höheren Stufe der Erkenntnis gnôsis fortzuschreiten, von der Weisheit der Kinder zu der der Erwachsenen. Wie für die Juden das Gesetz, so war für die Griechen die Philosophie, namentlich die des »von Gott getragenen« Plato, der Erzieher zu Christus. Auch in die Seelen der griechischen Philosophen war der Same des göttlichen Logos gestreut, wie Clemens mit Justin erklärt. Das Christentum ist die Lehre von der Schöpfung, Erziehung und Vollendung des Menschengeschlechtes durch den in Christus sichtbar gewordenen Logos. Die Gottheit selbst ist namen- und gestaltlos, ihr Wesen nur negativ zu bestimmen. Der Sohn allein, der Mittler zwischen Gott und Menschen, ist den letzteren positiv erkennbar. Das höchste Ziel des Menschen ist: völlige Erhebung zu Gott vermittelst der wahren Erkenntnis. Der wahre Gnostiker trägt vielfach die Züge des stoischen Weisen, ja er heißt einmal »der im Fleische wandelnde Gott« Auch in der Ethik zeigen sich neben den christlichen, die selbstverständlich den Grundton bilden, hellenische Züge, so vor allem das Lob der sôphrosynê des richtigen Maßes.
Er mißachtet weder die Ehe noch den Reichtum, sondern drängt nur auf die rechte Gesinnung.