Haffkrankheit
Haffkrankheit, erstmalig im Sommer 1924 am "Frischen Haff" (Ostpreußen) aufgetreten, dann jährlich abnehmend wiedergekehrt. Äußerst akut auftretende Erkrankung, deren wesentliche Symptome in plötzlich einsetzenden, heftigen Muskelschmerzen in den Extremitäten, dann am ganzen Körper, Zerfall von Muskelfasern, Eintreten von mehr oder weniger ausgesprochener Ausscheidung von Methämoglobin oder Hämoglobin im Urin, Albuminurie und Cylindrurie bestehen, selten mäßiger Erhöhung der Temperatur. Das Gesamtbild deutet auf Intoxikation, nicht auf Infektion. Als Ursache wurde zuerst Vergiftung durch eingeatmete arsenhaltige Gase aus Industrieabwässern angenommen. Spätere Untersuchungen ergaben, daß die Erkrankungen durch Genuß von Aalen vom nördlichen Teil des Frischen Haffes hervorgerufen werden. Es ist aber anzunehmen, daß nur ein geringer Teil der gefangenen Aale giftig ist, daß beim Menschen eine bestimmte Disposition erforderlich ist, und daß eine äußere Veranlassung (Anstrengung) eine Rolle spielt. Die Zubereitung der Aale (roh, gekocht, gebraten, geräuchert, gesalzen) ist ohne Bedeutung. Außer keuschen erkrankten auch Katzen. Das Gift" entsteht höchstwahrscheinlich im Haffgrund durch faulfähige, eingeleitete Königsberger Abwassersedimente unter dem Einfluß von Wärme und zeitweiliger Stagnation und kann von Kaltblütern (erst Larven, Muscheln usw., dann Aalen) gespeichert werden. Warmblüter (Menschen, Katzen, Seevögel) erkranken nach deren Genuß. (v. BÜLOW.)