Mystik
Mystik (von gr. mystika [Neutr. Plur. von mystikos = geheim, den Geweihten heilig]) heißt das Streben, Gott unmittelbar zu schauen, die religiöse Erkenntnis Gottes durch Versenkung in sein Wesen, die innere Erleuchtung im Gegensatze zum Glauben und zum Wissen. Im Altertum findet sich die Mystik bei den Neuplatonikern. Im Mittelalter hieß Mystik eine Richtung der Theologie, welche Gott nicht, wie die Scholastik, durch den Verstand, sondern durch das Gefühl zu erfassen suchte. Repräsentanten derselben waren Hugo und Richard v. St. Victor (1096 bis 1141), Bernhard v. Clairvaux (1091-1153), Meister Eckhart (• 1329), Heinrich Suso (1300-1366), Joh. Tauler (1290 bis 1361), Joh. v. Ruysbroek (1293-1381). Ihr Motto war: Tantum deus intelligitur, quantum diligitur, Gott wird soweit begriffen, als er geliebt wird. Das Richtige hieran ist, daß die Religion Sache der inneren Erfahrung ist, falsch aber ist der Satz als der Satz der Theologie, soweit die Theologie eine Wissenschaft ist. Zuzugeben ist, daß alles gefühlsmäßig Religiöse etwas Mystisches, d.h. logisch nicht ganz Faßbares an sich hat: die Liebe, Freundschaft, Kunst u. a. Oft artet aber die Mystik oder der Mystizismus in regellose Phantasterei, wie z.B. bei Jak. Böhme (• 1624), Im. Swedenborg (• 1772), Frz. v. Baader (• 1841) u. a. aus. Vgl. Noack, Die christl. Mystik. 1853.