Kaiserlied
Wie ich zur Welt bin kommen,
da war a Schlamperei.
Ich hab mir vorgenommen,
mir is alles einerlei.
An Pallawatsch hats ’geben
von einer eigenen Art.
Was? Ich soll in das Leben?
Mir bleibt doch nichts erspart.
Als Bub spiel ich Theater:
von Barrikaden schaun s’ zu.
Ich spiel, hilf Himmelvater,
»Wirrwarr« von Kotzebue.
Das Volk, es schreit sich heiser,
noch fehlt des Kaisers Bart —
da bin ich schon der Kaiser.
Mir bleibt doch nichts erspart.
Nach Ruh nur allweil lechz’ ich,
daß ich von nix nix weiß,
denn spiel ich Sechsundsechzig,
den Preis gewinnt der Preiß’.
Ja, das muß ich doch sagen,
das Glück war mit mir hart.
Mein Reich lag mir im Magen
und mir blieb nichts erspart.
Ich kann mich nicht erinnern,
daß ich erlebt nicht hätt’
im Äußern und im Innern
ein Kreuz und halt ein Gfrett.
Der Sohn, die Frau, der Otto —
bis in die Gegenwart
bleibt meines Lebens Motto:
Mir bleibt doch nichts erspart.
Nur Pech in der Verwandtschaft —
längst hätte ich es satt,
hätt’ ich nicht die Bekanntschaft
mit ihr, der Kathi Schratt.
Mit ihr allein ich’s aushalt,
obschon sie schon bejahrt
und kostspielig der Haushalt —
auch ihr bleibt nix erspart.
Doch find ich, sie und alles
in Österreich war sehr schön.
Das Reich hat zwar den Dalles,
doch hoff ich, ’s wird schon gehn.
Die Ehre ist oft bitter,
von Gold die Schande starrt.
Ich mach den Jud zum Ritter —
er hat sich was erspart.
Nur Ärger, nix als Kummer,
oft krieg ich eine Wut.
In Ischl nur, im Summer,
da g’freut mich mancher Jud.
Der denkt, wie er nur Geld krieg’ —
was der zusammenscharrt
in diesem säubern Weltkrieg!
Hätt’ ich mir den erspart!
Nur einem Freudenfeste
hab ich einst beigewohnt:
das war der Fall des Este —
der hat sich doch gelohnt!
Wie man es hinterbracht hat
ganz schonend mir und zart,
mein linkes Aug’ gelacht hat:
Schaut’s, der bleibt uns erspart!
Es war sehr schön, so meint’ ich
und grüßte alle Leut,
leutselig lacht’ und weint’ ich,
es hat mich sehr gefreut.
Recht g’schichts ihm, schmecks, nun büß’ er,
weil auf mein’ Tod er g’wart.
Der Geizhals war kein Grüßer
hat am Gemüt gespart.
Ein freudiges Erlebnis
für mich und für das Land
war das spanische Begräbnis
des Neffen Ferdinand.
Wir folgten unsrem Hasse
auf lustiger Leichenfahrt.
Begräbnis dritter Klasse —
da blieb mir was erspart.
Die G’schichte war erledigt,
erlöst hat uns der Tod.
Für den Verlust entschädigt
hab ich das Reich durch Not.
Wär’ das Malheur nicht gschehen
durch Geistesgegenwart,
wär’ ein Malheur geschehen!
So blieb es uns erspart.
Laßt Gott uns dafür preisen!
Mein Kreuz ist endlich rot.
Gold geben sie für Eisen,
Gift nehmen sie für Brot.
Nachdem ich so viel Leid trug,
mein Reich liegt aufgebahrt.
Das Volk sein Scherflein beitrug,
auch ihm bleibt nichts erspart!
Doch spür ich keine Reue,
doch geb ich keine Ruh.
Durch Nibelungentreue
drückt mich nicht mehr der Schuh.
Der Wilhelm, hätt’ Geduld er!
Der Treubund ist sehr hart.
Jetzt drückt mich nur die Schulter.
Da wird mir nix erspart!
Die Schulter statt zu stützen,
sie drückt mich noch zu Tod,
und zu den faulsten Witzen
gehört der Nibelungen Not.
Das Schicksal hat, man weiß es,
mich oft und oft genarrt —
sein Essen, ach der Preiß’ es
von meinem Munde spart!
Was hab ich von dem Bund doch!
Es geht mir glorreich schlecht.
Beim deutschen Gott, kein Hund doch
so länger leben möcht’!
Ach ums Panier der Treue
haben wir uns schön geschart —
der Freund frißt meine Säue,
mir bleibt ein Dreck erspart.
Es ist ein Bund des Pferdes
mit einem Reiter toll
und für den Schutz des Herdes
verlangt er hohen Zoll.
Das Volk, es preist das Deutsche.
Es war sehr schön beim Start.
Mich aber peitscht die Peitsche —
das Ziel bleibt mir erspart!
In dem Kalkül ein Loch ist:
der Preiß’, er macht mir heiß.
Hoch ruft das Volk, doch hoch ist
von allem nur der Preis.
Ein Roß nicht ahnen kunnte,
wohin es ging’ der Fahrt.
Der Preiß’, man wanen kunnte,
der bleibt mir nie erspart!
Wie immer ich mich wende,
ich sitz dem Reiter auf
und kehr mit blutiger Lende
von seinem Siegeslauf.
Der Preiß’ sitzt mir im Nacken,
die Treu er mir bewahrt.
Mein Thron ist seine Tacken,
kein Tritt bleibt mir erspart.
Nicht endet meine Klage,
nicht endet mein Verdruß,
auf meine alten Tage
ich hohenzollern muß!
Wozu, das möcht’ ich fragen,
hab so ich mich gepaart —
nur um wiederamal zu sagen:
mir bleibt doch nichts erspart?
Was sind denn das für Sachen?
Bin ich nicht Herr im Haus?
Da kann man halt nix machen.
Sonst schmeißt er mich hinaus.
Wär’ ich im Sommer sieben
gefolgt dem Eduard,
so wäre mir geblieben
so mancherlei erspart.
Mit Hurra gehts herunter
bis auf den Kladderadatsch.
Jetzt geht der Wiener unter!
Wir heißen’s Pallawatsch.
In diesem Weltenkriege
krieg ich den schoflen Part
und wie ich immer siege,
der Sieg bleibt mir erspart.
In der Geschichte steht es,
was immer mir geschah.
Seit siebzig Jahren geht es
in einem Pfui k.k.!
Mit Justament regier ich
auf eine eigene Art,
und meine Völker führ ich,
daß uns ka Hetz erspart.
Ihr dürft noch lang nicht hoffen
aufs End von mein’ Couplet.
Es hat noch Katastrophen —
Euer Gnaden wissen eh.
Mir wern kan Richter brauchen
nach dieser Praterfahrt!
Wenn erst die Trümmer rauchen,
wird am Tabak gespart.
In der Geschichte steht es,
was immer mir geschicht
und wie man immer dreht es —
sie bleibt das Weltgericht.
Den Narren gab ich Titel
dem Volk des Kaisers Bart.
Die blutigsten Kapitel
hab ich mir aufgespart.
Mir war seit Kindesbeinen
schon alles einerlei.
Doch g’freut mich heut wie keinen
die blutige Schlamperei!
Heut bin ich ja noch rüstich,
noch rüst ich nicht zur Fahrt,
noch nicht für alles büßt ich,
noch viel bleibt euch erspart!
Noch bisserl Blut sehn will ich,
man nimmt an Weisheit zu,
und justament erst spiel ich
Wirrwarr von Kotzebue!
Noch bin ich ja der Alte,
Lorbeer den Kopf behaart.
Dem Volk mich Gott erhalte!
Ihm, dem ja nichts erspart.
Erhalt’ er mich in Plagen!
Noch ists nicht an der Zeit,
»Es war sehr schön« zu sagen,
»es hat mich sehr gefreut«.
Die Welt muß erst verzweifeln,
worauf ich gnädig wart.
Dann fragen s’ mich bei den Teufeln,
ob mir noch was erspart!
Und der nur Ruh wollt haben,
geht endlich selbst zur Ruh.
Doch eh’ sie mich begraben
und eh’ der Sarg fallt zu —
»So jung noch, soll ich«, frag ich,
»schon auf die letzte Fahrt?«
Und noch einmal g’schwind sag ich:
Mir bleibt doch nichts erspart!