Meier, Beurteilung des Heldengedichts, der Messias
Halle. Georg Friedrich Meiers, öffentlichen Lehrers der Weltweisheit zu Halle, Beurteilung des Heldengedichts, der Messias. Verlegts Carl Hermannn Hemmerde. 1749. Okt. 4 Bog. Der Herr Prof. Meier führet bittere Klagen wider die gelehrten Monatschriftler und Zeitungsschreiber, dass sie dieses Heldengedicht, oder vielmehr diesen Anfang eines Heldengedichts, noch nicht herausgestrichen haben; (welches gleichwohl nunmehr von einigen geschehen ist). Er setzet den Herrn Klopstock, welcher der Verfasser dieses Gedichts ist, entweder zwischen den Homer und Virgil, oder gar über beide; unter andern deswegen, weil, wie er bald anfangs sagt, die Priester in der Schweiz dieses Gedicht den Leuten auf den Kanzeln angepriesen haben. Was die Absicht dieses in der Tat von einem poetischen Geiste zeugenden Gedichts sei, erhellet aus dem Anfange desselben:
Sing, unsterbliche Seele, der sündigen Menschen Erlösung,
Die der Messias auf Erden in seiner Menschheit vollendet,
Und durch die er Adams Geschlechte, die Liebe der
Gottheit, Mit dem Blute des heiligen Bundes von neuem geschenkt hat.
Also geschah des Ewigen Wille. Vergebens erhub sich
Satan wider den göttlichen Sohn; umsonst stund Judäa
Wider ihn auf; er tats, und vollbrachte die große Versöhnung.
Wer nicht lateinische Hexameters skandieren kann, der wird bei Lesung dieser Verse gar oft mit seiner Zunge über etliche Silben weg stolpern. So wenig diese erwähnte Versart zu mißbilligen ist, so klingt sie doch, wie sie hier ist, etwas gar zu Horazianisch, wo nicht gar Lucilisch. Es wäre ratsamer gewesen, das fließende Silbenmaß des Virgils mit desselben epischer poetischer Schreibart zu verbinden. Doch man weiß wohl, dass dieses eine Nebensache ist, und die großen Lobeserhebungen des Herrn Meiers in dem Innern dieses Gedichts ihren Grund haben. Doch scheinet es uns noch zu zeitig zu sein, die Lobsprüche eines Gedichts so überaus hoch zu treiben und allgemein auszudrücken, wovon nur für itzo noch ein kleiner Anfang vorhanden ist. Wem der große Umfang eines epischen Gedichts, und die unzähligen darinne vorkommenden scheinbaren Labyrinthe, nebst ihren Zugängen und Verbindungen zu einem ordentlichen Ganzen bekannt sind, und wer da weiß, dass ein unerschöpflicher Witz dazu gehöret, ein so großes Werk mit gleichem Feuer auszuführen als anzufangen, der wird die Behutsamkeit brauchen, und den Ausgang eines solchen Unternehmens erwarten, eh er es über alles andere erhebt, und im Ganzen so wohl, als in seinen erst vorhandenen Teilen, für vollkommen erkläret. Er wird, den Dichter aufzumuntern, wenigstens nur die schöne poetische und erhabene Schreibart und die lebhaften Bilder rühmen, welche ihm vor Augen liegen, von dem künftigen aber das beste hoffen. Wenn das Gedicht zu Ende und so ausgeführet sein wird, wie es dem Herrn Prof. schon itzo zu sein scheinet, so wird man nicht ermangeln, dasselbe bis in den Himmel zu erheben; ja man ist schon entschlossen, auf die Verfertigung dieses Heldengedichts, als eine sehr große Tat, alsdenn wieder ein Heldengedicht, unter dem Namen: »Klopstocks Messias«, zu verfertigen, und in 12 Büchern, auf ein mal, herauszugeben. Diese Beurteilung ist in dem Vossischen Buchladen für 2 Gr. zu haben.