Wieland, Briefe von Verstorbenen an hinterlassene Freunde
[Christoph Martin Wieland:] Briefe von Verstorbenen an hinterlassene Freunde. Zyrich bei Orell. MDCCLIII. in 4to 16 Bogen. Dieses ist eines von den Meisterstücken, mit welchen uns in vergangener Messe die Schweiz beschenken wollen, die sich lange genug mit trocknen Regeln beschäftiget hat, und nunmehr auch die Muster dazu geben will. Es ist aus der Feder des Hn. Wielands, eines so fruchtbaren Geistes, dass die Vielheit seiner poetischen Geburten beinahe ein Vorurteil wider ihren innern Wert sein könnte, wann ihm der Gott der Kritik nicht stets zur Rechten stünde, der ihn durch sein cave faxis te quidquam indignum! immer bei gleicher Stärke zu erhalten weiß. Daß es Briefe aus dem Reiche der Toten sind, sieht man aus dem Titel; und dass diese Einkleidung keine Erfindung des Hn. Wielands ist, werden diejenigen wissen, welche die Briefe der Frau Rowe und andre dieser Art kennen. Es sind deren neune, welche alle voller Seligkeiten, Tugend und Freundschaft sind, so dass uns schon der Inhalt mit aller Achtung davon zu reden bewegen muß. Überall herrscht darinne das feinste der feinsten Empfindungen; und die Nachrichten, die uns von dem Himmel mitgeteilt werden, sind neu und kuriös. Wem die Briefe selbst ein wenig zu lang vorkommen sollten, der mag überlegen, dass die Gelegenheiten aus jenem in dieses Leben jetziger Zeit sehr rar sind, und man also den Mangel des öftern Schreibens durch das viel Schreiben ersetzen muß. Sonst aber haben wir durch eine neuere Nachricht von dorther erfahren, dass man eine scharfe Untersuchung angestellt, die wahren Namen dieser Korrespondenten, eines Junius, einer Lucinde, eines Teanors, und wie sie alle heißen, zu entdecken, um es ihnen ernstlichen zu verweisen, dass sie sich unterstanden haben, wider das: Sie haben Mosen und die Propheten etc. zu handeln. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 10 Gr.