Tretmühlen
Macaulay hat einmal die Beschäftigung der scholastischen Philosophen (im Gegensatz zum natürlichen Denken) mit dem Gehen in einer Tretmühle verglichen; und ich weiß nicht einmal, ob er dabei den boshaften Nebengedanken hatte, daß es meistens Esel sind, die dadurch Tretmühlen treiben, daß sie die Bewegung des Gehens machen, ohne vorwärts zu kommen. Dieser Vergleich enthält eine Ungerechtigkeit gegen die alte Philosophie insofern, als jeder Versuch aller Zeiten, im Rade der Sprache gehend weiter zu kommen, ebenso fruchtlos ist, nicht zuletzt Bacons Versuch, Regeln für das Erfinden aufzustellen, wie Aristoteles Regeln für das Verstehen aufstellte. Wie es Taschenspieler gibt, welche für den Schluß ihrer Vorstellung eine Erklärung der angewandten Mittel versprechen, welche aber am Ende eine falsche Erklärung geben, um sich vor Nachahmern ihrer Kunststücke zu schützen, und wie diese schließlich doch auf Geschwindigkeit und Geschicklichkeit beruhen, — so geben Aristoteles und Bacon (freilich unbewußt) ebenfalls falsche Erklärungen ihrer Kunststücke und haben durch ihre scharfsinnigen Regeln noch keinen Menschen in den Stand gesetzt, Schöpfer zu werden. Weder das Organon noch das neue Organon haben etwas Organisches hervorgebracht.
Der Philosoph, der auf dem in sich selbst zurückkehrenden Wege der Sprache zu neuen Einsichten kommen will, gleicht auch gar nicht dem gewöhnlichen Esel in der Tretmühle, welcher ja doch nur vom Futter gelockt und von der Peitsche getrieben ein Bein vors andere setzt; er würde nur dem gelehrten Zirkusesel gleichen, der es bis zur menschlichen Freiheit gebracht hätte, sich das Feld seiner Tätigkeit selbst auszusuchen, der dann das Tretrad zum Schauplatz seiner Kunst gewählt hätte und in diesem Rade eitel und elegant wie ein Seiltänzer arbeitete, scheinbar immer aufwärts, wirklich immer auf derselben Stelle und ergebnisloser als der gewöhnliche Esel; denn das Tretrad der Sprache hat keine Mahlsteine.
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