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Großmut und Verwandtes

49.

Großmut und Verwandtes. — Jene paradoxen Erscheinungen, wie die plötzliche Kälte im Benehmen des Gemütsmenschen, wie der Humor des Melancholikers, wie vor Allem die Großmut, als eine plötzliche Verzichtleistung auf Rache oder Befriedigung des Neides — treten an Menschen auf, in denen eine mächtige innere Schleuderkraft ist, an Menschen der plötzlichen Sättigung und des plötzlichen Ekels. Ihre Befriedigungen sind so schnell und so stark, dass diesen sofort Überdruss und Widerwille und eine Flucht in den entgegengesetzten Geschmack auf dem Fuße folgt: in diesem Gegensatze löst sich der Krampf der Empfindung aus, bei Diesem durch plötzliche Kälte, bei jenem durch Gelächter, bei einem Dritten durch Tränen und Selbstaufopferung. Mir erscheint der Großmütige — wenigstens jene Art des Großmütigen, die immer am meisten Eindruck gemacht hat — als ein Mensch des äußersten Rachedurstes, dem eine Befriedigung sich in der Nähe zeigt und der sie so reichlich, gründlich und bis zum letzten Tropfen schon in der Vorstellung austrinkt, dass ein ungeheurer schneller Ekel dieser schnellen Ausschweifung folgt, — er erhebt sich nunmehr „über sich“, wie man sagt, und verzeiht seinem Feinde, ja segnet und ehrt ihn. Mit dieser Vergewaltigung seiner selber, mit dieser Verhöhnung seines eben noch so mächtigen Rachetriebes gibt er aber nur dem neuen Triebe nach, der eben jetzt in ihm mächtig geworden ist (dem Ekel), und tut dies ebenso ungeduldig und ausschweifend wie er kurz vorher die Freude an der Rache mit der Phantasie vorwegnahm und gleichsam ausschöpfte. Es ist in der Großmut der selbe Grad von Egoismus wie in der Rache, aber eine andere Qualität des Egoismus.