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Letzte Worte

36.

Letzte Worte. — Man wird sich erinnern, dass der Kaiser Augustus, jener fürchterliche Mensch, der sich ebenso in der Gewalt hatte und der ebenso schweigen konnte wie irgend ein weiser Sokrates, mit seinem letzten Worte indiskret gegen sich selber wurde: er ließ zum ersten Male seine Maske fallen, als er zu verstehen gab, dass er eine Maske getragen und eine Komödie gespielt habe, — er hatte den Vater des Vaterlandes und die Weisheit auf dem Throne gespielt, gut bis zur Illusion! Plaudite amici, comoedia finita est! — Der Gedanke des sterbenden Nero: qualis artifex pereo! war auch der Gedanke des sterbenden Augustus: Histrionen-Eitelkeit! Histrionen-Schwatzhaftigkeit! Und recht das Gegenstück zum sterbenden Sokrates! — Aber Tiberius starb schweigsam, dieser gequälteste aller Selbstquäler, — der war echt und kein Schauspieler! Was mag dem wohl zuletzt durch den Kopf gegangen sein! Vielleicht dies: „Das Leben — das ist ein langer Tod. Ich Narr, der ich so Vielen das Leben verkürzte! War ich dazu gemacht, ein Wohltäter zu sein? Ich hätte ihnen das ewige Leben geben sollen: so hätte ich sie ewig sterben sehen können. Dafür hatte ich ja so gute Augen: qualis spectator pereo!“ Als er nach einem langen Todeskampfe doch wieder zu Kräften zu kommen schien, hielt man es für ratsam, ihn mit Bettkissen zu ersticken, — er starb eines doppelten Todes.