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Musik als Fürsprecherin

106.

Musik als Fürsprecherin. — „Ich habe Durst nach einem Meister der Tonkunst, sagte ein Neuerer zu seinem Jünger, dass er mir meine Gedanken ablerne und sie fürderhin in seiner Sprache rede: so werde ich den Menschen besser zu Ohr und Herzen dringen. Mit Tönen kann man die Menschen zu jedem Irrtume und jeder Wahrheit verführen: wer vermöchte einen Ton zu widerlegen?“ — „Also möchtest du für unwiderlegbar gelten?“ sagte sein Jünger. Der Neuerer erwiderte. „Ich möchte, dass der Keim zum Baume werde. Damit eine Lehre zum Baume werde, muss sie eine gute Zeit geglaubt werden: damit sie geglaubt werde, muss sie für unwiderlegbar gelten. Dem Baume tun Stürme, Zweifel, Gewürm, Bosheit not, damit er die Art und Kraft seines Keimes offenbar mache; mag er brechen, wenn er nicht stark genug ist! Aber ein Keim wird immer nur vernichtet, — nicht widerlegt!“ — Als er das gesagt hatte, rief sein Jünger mit Ungestüm: „Aber ich glaube an deine Sache und halte sie für so stark, dass ich Alles, Alles sagen werde, was ich noch gegen sie auf dem Herzen habe“. — Der Neuerer lachte bei sich und drohte ihm mit dem Finger. „Diese Art Jüngerschaft, sagte er dann, ist die beste, aber sie ist gefährlich und nicht jede Art Lehre verträgt sie“.