III.1. Vergleichung des Baues der Pflanzen und Tiere in Rücksicht auf die Organisation des Menschen

 

Zuerst. Die Bildung des Herzens auch in seiner unvollkommensten Gestalt fodert einen organischen Bau mehrerer innern Teile, zu dem sich keine Pflanze erhebt. Auch in Insekten und Würmern sieht man schon Adern und andere Absondrungswerkzeuge, zum Teil selbst Muskeln und Nerven, die bei den Pflanzen noch durch Röhren und bei den Pflanzentieren durch ein Gebäude, das jenen ähnlich ist, ersetzt wurden. In dem vollkommenern Geschöpf wurde also eine feinere Ausarbeitung des Safts, von dem es lebt, mithin auch der Wärme, durch die es lebt, befördert; und so sprosset der Baum des Lebens vom pflanzenartigen zum weißen Saft der Tiere, sodenn zum röteren Blut und endlich zur vollkommenern Wärme organischer Wesen. Je mehr diese wächst, desto mehr sehen wir auch die innere Organisation sich absetzen, sich vervielfältigen und den Kreislauf vollkommener werden, durch dessen Bewegung jene innere Wärme wahrscheinlich allein entstehen konnte. Nur ein Principium des Lebens scheint in der Natur zu herrschen: dies ist der ätherische oder elektrische Strom, der in den Röhren der Pflanze, in den Adern und Muskeln des Tiers, endlich gar im Nervengebäude immer feiner und feiner verarbeitet wird und zuletzt alle die wunderbaren Triebe und Seelenkräfte anfacht, über deren Wirkung wir bei Tieren und Menschen staunen. Das Wachstum der Pflanzen, ob ihr Lebenssaft gleich viel organischer und feiner ist als die elektrische Kraft, die sich in der toten Natur äußert, wird durch die Elektrizität befördert. Noch auf Tiere und Menschen hat jener Strom Wirkung, und nicht nur auf die gröbern Teile ihrer Maschinen etwa, sondern selbst, wo diese zunächst an die Seele grenzen. Die Nerven, von einem Wesen belebt, dessen Gesetze beinahe schon über die Materie hinaus sind, da es mit einer Art Allgegenwart wirkt, sind noch von der elektrischen Kraft im Körper berührbar. Kurz, die Natur gab ihren lebendigen Kindern das Beste, was sie ihnen geben konnte, eine organische Ähnlichkeit ihrer eignen schaffenden Kraft, belebende Wärme. Durch solche und solche Organe erzeugt sich das Geschöpf aus dem toten Pflanzenleben lebendigen Reiz und aus der Summe dieses, durch feinere Kanäle geläutert, das Medium der Empfindung. Das Resultat der Reize wird Trieb, das Resultat der Empfindungen Gedanke: ein ewiger Fortgang von organischer Schöpfung, der in jedes lebendige Geschöpf gelegt wurde. Mit der organischen Wärme desselben (nicht eben wie sie für unsere groben Kunstwerkzeuge von außen fühlbar ist) nimmt auch die Vollkommenheit seiner Gattung, wahrscheinlich also auch seine Fähigkeit zu einem feinern Gefühl des Wohlseins zu, in dessen alles durchgehenden Strom die allerwärmende, allbelebende, allgenießende Mutter sich selbst fühlt.

Zweitens. Je vielfacher die innere Organisation des Geschöpfs zur feinern Lebenswärme wurde, desto mehr, sehen wir, wird dasselbe fähig, Lebendige zu empfangen und zu gebären. Abermals eine Sprosse desselben großen Lebensbaumes durch alle Gattungen der Geschöpfe.15)

Es ist bekannt, daß die meisten Pflanzen sich selbst begatten und daß auch, wo die Glieder des Geschlechts geteilt sind, sich viel Androgynen und Polygamen finden. Gleichergestalt ist's bemerkt, daß bei den niedrigern Arten der Tiere, den Pflanzengeschöpfen, Schnecken, Insekten, entweder die tierischen Zeugungsteile noch fehlen und das Geschöpf wie Pflanze nur fortzusprossen scheint oder daß es unter ihnen Hermaphroditen, Androgynen und mehrere Anomalien gebe, die hier aufzuzählen nicht der Ort ist. Je vielfacher die Organisation des Tiers wird, desto bestimmter gehn die Geschlechter auseinander. Hier konnte sich die Natur nicht mehr an organischen Keimen begnügen; die Formung eines in seinen Teilen so vielartigen und vielgestalteten Wesens wäre übel daran gewesen, wenn der Zufall das Werk gehabt hätte, mit organischen Formen zu spielen. Also schied die weise Mutter und trennete die Geschlechter. Sie wußte aber eine Organisation zu finden, wo sich zwei Geschöpfe zu einem vereinten und in ihrer Mitte ein drittes würde, der Abdruck ihrer beider im Augenblick der innigsten organischen Lebenswärme. In dieser empfangen, wird das neue Wesen allein auch durch sie fortgebildet. Mütterliche Wärme umfängt es und bildet es aus. Noch atmt seine Lunge nicht, und seine größere Brustdrüse sauget; selbst beim Menschen scheint die rechte Herzkammer noch zu fehlen, und statt des Bluts fließet ein weißer Saft durch seine Adern. Je mehr indes die mütterliche Wärme auch seine innere Wärme anfacht, desto mehr bildet sich das Herz; das Blut rötet sich und gewinnt, ob es gleich die Lunge noch nicht berühren kann, energischen Kreislauf. In lauten Pulsschlägen regt sich das Geschöpf und tritt endlich vollkommen gebildet auf die Welt, begabt mit allen Trieben der Selbstbewegung und Empfindung, zu denen es nur in einem lebendigen Geschöpf dieser Art organisiert werden konnte. Sogleich reichen ihm Luft, Milch, Nahrungsmittel, selbst der Schmerz und jedes Bedürfnis Anlässe dar, auf tausend Wegen Wärme einzusaugen und sie durch Fibern, Muskeln und Nerven zu dem Wesen zu verarbeiten, das keine niedrigere Organisation erarbeiten kann. Es wächst bis zu den Jahren, da es im Überfluß seiner Lebenswärme sich fortzubilden, zu vervielfältigen strebt und der organische Lebenszirkel also von neuem anfängt.- So ging die Natur bei den Geschöpfen zu Werk, die sie Lebendige gebären lassen konnte; nicht aber alle konnten dies. Die Tiere kälteren Blutes nicht; ihnen muß also die Sonne zu Hülfe kommen und ihre Mitmutter werden. Sie brütet das Ungeborne hervor: ein klarer Beweis, daß alle organische Wärme in der Schöpfung eins sei, nur durch zahllose Kanäle feiner und feiner hinaufgeläutert. Selbst die Vögel, die wärmeren Blutes sind als die Erdentiere, konnten, vielleicht teils ihres kältern Elements, teils ihrer Lebensart und ganzen Bestimmung wegen, nicht Lebendige gebären. Die Natur verschonte diese leichten flüchtigen Geschöpfe, ihre Jungen bis zur lebendigen Geburt zu tragen, wie sie sie auch mit der Mühe des Säugens verschonte. Sobald der Vogel aber, wenn auch nur in einer häßlichen Mittelgattung, die Erde betritt, säugt er; sobald das Meertier warmes Blut und Organisation gnug hat, ein Lebendiges zu gebären, wurde ihm auch die Mühe aufgelegt, es zu säugen.

 Wie sehr trug die Natur hiedurch zur Vervollkommung der Gattungen bei. Der flüchtige Vogel kann nur brüten, und wie schöne Triebe beider Geschlechter entstehen schon aus dieser kleinen Haushaltung! Die eheliche Liebe baut, die mütterliche Liebe erwärmt das Nest, die väterliche versorget es und hilft es mit erwärmen. Wie verteidigt eine Vogelmutter ihre Jungen! Wie keusch ist in den Geschlechtern, die zur Ehe gemacht sind, ihre eheliche Liebe! - Bei den Tieren der Erde sollte dies Band wo möglich noch stärker werden: darum bekam die Mutter ihr Lebendiggebornes an die Brust, es mit den zärtesten Teilen ihrer selbst zu nähren. Nur ein grob organisiertes Schwein ist's, das seine eigne Jungen frißt; nur kalte Amphibien sind's, die ihre Eier dem Sande oder Morast geben. Mit Zärtlichkeit sorgen alle säugende Geschlechter für ihre Jungen; die Liebe des Affen ist zum Sprichwort geworden, und vielleicht gibt keine andere Gattung ihm nach. Selbst Seegeschöpfe nehmen daran teil, und der Manati ist bis zum Fabelhaften ein Bild der ehelichen und mütterlichen Liebe. Zärtliche Haushälterin der Welt, an so einfache organische Bande knüpftest du die notwendigsten Beziehungen sowie die schönsten Triebe deiner Kinder. Auf eine Höhle der Herzmuskel, auf eine atmende Lunge kam's an, daß das Geschöpf mit stärkerer und feinerer Wärme lebte, daß es Lebendige gebar und säugte, daß es zu feineren als den Fortpflanzungstrieben, zur Haushaltung und Zärtlichkeit für die Jungen, ja in einigen Geschlechtern gar zur ehelichen Liebe gewöhnt wurde. In der größern Wärme des Bluts, diesem Strom der allgemeinen Weltseele, zündetest du die Fackel an, mit der du auch die feinsten Regungen des menschlichen Herzens erwärmest.

Endlich sollte ich noch vom Haupt, als der höchsten Region der Tieresbildung, reden; es gehören aber hiezu zuvörderst andere Betrachtungen als über ihre äußern Formen und Glieder.

 


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